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ist ein lustgebendes oder wenigstens Unlust ausschliessendes, Verhältniss.
Damit ist der Begriff der Harmonie klar und ohne Cirkel bestimmt; denn,
auf das was Lust und Unlust ist, kann man unmittelbar in uns weisen, wo-
gegen die mancherseits beliebte umgekehrte Bestimmung, dass die Grund-
bedingung der Lust in einem harmonischen Verhältnisse liege, um nicht auf
Cirkel zu kommen, nichts anderes sagt, als: die Bedingung der Lust liegt in
einem , Kürze halber harmonisch zu nennenden, Verhältnisse, dessen Natur
aber durch diesen Ausdruck noch nicht bestimmt, sondern erst aufzusuchen
ist. Zwar sagt man wohl: harmonisch ist, was mit sich oder was mit uns
stimmt. Aber was mit uns stimmt, erkennt man eben nur daraus, dass es Un-
lust ausschliesst, indem es uns gesund erhält, oder dass es uns positive Lust
macht; und für das, was mit sich stimmt, haben wir zwar im Gebiete der
Logik den klaren Satz des Widerspruches; aber was thut man damit in der
Musik, der Malerei. Einen schlecht klingenden Akkord, eine ungefällige Far-
benzusammenstellung, ein hässliches Gesicht, kann man Alles disharmonisch
nennen, aber eben nur, sofern es Unlust macht; dem logischen Satze des Wi-
derspruches ist es nicht entgegen. So lange der letzte allgemeinste Grund
von Lust und Unlust nicht mit Sicherheit und Klarheit festgestellt ist, und das
ist er bisher nicht (Th. I. M hat man sich an particulare Gesetze, nach de-
nen Lust und Unlust entstehen, zu halten; die Ausdrucke harmonisch und
disharmonisch aber ersetzen weder noch enthalten solche.
Wenn man nicht blos das schöpferische Vorstellen des Künst-
lers, sondern auch receptive des Geniessenden zum Phantasieleben
rechnet, um den Begriff des Schönen nach beiden Seiten von der
Phantasie abhängig zu machen, so kann hiebei unter Phantasie
nichts Andres verstanden sein, als das Vermögen, sich überhaupt
in einer Mannichfaltigkeit von Vorstellungen zu ergehen, welches
sich allerdings eben so wohl productiv äussern, als receptiv ange-
regt und beschäftigt werden kann. Man mag zugeben, dass ein
weiter Sprachgebrauch auch eine so weite Auflassung des Begriffes
der Phantasie zulässt und Wirklich im gemeinen Leben Beschäf-
tigung der Phantasie und Beschäftigung der Einbildungskraft durch
ein Kunstwerk oft unklar verwechselt werden; aber gewiss ist,
dass man unter Phantasie in der Regel, und namentlich bei psycho-
logisch klarer Unterscheidung, vielmehr ein schöpferisch p ro duc-
tives als ein receptives Vermögen versteht; und es scheint
mir jedenfalls, dass die Erklärung der Schönheit in Bezug auf die
Phantasie nicht ohne eine sorgfältige Auseinandersetzung in dieser
Hinsicht geschehen sollte, um nicht die Thätigkeitsweise der Pro-
duction und Beception unklar zusammenzuwerfen, hiemit eine
sachlich untriftige Auffassung der Wirkung des Schönen hervorzu-
rufen, welcher Gefahr mir in der That die bisherigen Erklärungen