1158
les dem Menschen hässlich auch in der von Gott geschaffenen Natur
erscheint, widerspricht der Bezugsetzung des Schönen zum Sinne
der göttlichen Schöpfungsthätigkeit, falls man bis auf diese zurück-
gehen will, in sofern nicht, als das, was dem kurzsichtigen Men-
schen für sich so erscheint, diesen Charakter im Zusammenhange
des Ganzen und nach der Totalität seiner Beziehungen betrachtet
verliert. In diesem Zusammenhange, dieser Totalität aber ist es
von Gott geschaffen, wird es von Gott angeschaut, und ist es in
seinem Sinne aufzufassen.
S0 gut sich das Alles scheint hören zu lassen, und ich habe
mir selbst Mühe gegeben, es so gut hörbar als möglich darzustellen,
lässt sich doch Folgendes dagegen erinnern.
Man kann die Ursprungsbeziehung des Schönen zur Phantasie
mit oder ohne Rückgang bis zur göttlichen Schöpferthätigkeit zu-
gestehen, ohne damit die Brauchbarkeit einer darauf gegründeten
Begriffsbestimmung des Schönen zuzugestehen, worüber ich auf
das verweise, was Theil I, S. 45. 47, gesagt ist. Insbesondere
erscheint es misslich, mit der Erklärung des Schönen bis auf den
Ursprung aus Gott zurückzugeben, auf den man freilich mit jeder
Erklärung zurückgehen kann, wie man jede Geschichte mit Adam
anfangen kann; aber so Wenig sich die menschliche Geschichte klar
und sicher vom mythischen Adam aus verfolgen lässt, so wenig die
Aesthetik von der, den menschlichen Horizont überhaupt überstei-
genden oder doch in Dunkel gehüllten, ldee Gottes. So werden
viele Theologen die Analogie der göttlichen Schöpferthätigkeit mit
der menschlichen Phantasie als auf Anthropomorphismus ruhend
nicht zugestehen; die Schöpferkraft Gottes sei vielmehr etwas über
alles menschliche Sinnen und Denken Erhabene. Gegentheils wer-
den weder die Materialisten, noch Hegelianer, noch Schopenhaueri-
aner die Schöpfung der Welt und mithin des Naturschönen durch
einen bewussten Geist zulassen, da vielmehr nach allen diesen die
Natur, die Idee, der Wille der Welt erst in Thier und Mensch
zum Bewusstsein kommt; von einer unbewussten Phantasie in
Schöpfung des Naturschönen zu sprechen aber wäre eine Gewalt-
samkeit, welche das Wirken blinder Kräfte mit der Phantasie in
Eins zusammenwerfen liesse; daher von dieser Seite die Neigung,
das Naturschöne lieber gleich vom Schönen auszuschliessen. Dann
darf man der Definition zu Liebe einen schönen Menschen nicht
mehr schön finden.