Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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les dem Menschen hässlich auch in der von Gott geschaffenen Natur 
erscheint, widerspricht der Bezugsetzung des Schönen zum Sinne 
der göttlichen Schöpfungsthätigkeit, falls man bis auf diese zurück- 
gehen will, in sofern nicht, als das, was dem kurzsichtigen Men- 
schen für sich so erscheint, diesen Charakter im Zusammenhange 
des Ganzen und nach der Totalität seiner Beziehungen betrachtet 
verliert. In diesem Zusammenhange, dieser Totalität aber ist es 
von Gott geschaffen, wird es von Gott angeschaut, und ist es in 
seinem Sinne aufzufassen. 
S0 gut sich das Alles scheint hören zu lassen, und ich habe 
mir selbst Mühe gegeben, es so gut hörbar als möglich darzustellen, 
lässt sich doch Folgendes dagegen erinnern. 
Man kann die Ursprungsbeziehung des Schönen zur Phantasie 
mit oder ohne Rückgang bis zur göttlichen Schöpferthätigkeit zu- 
gestehen, ohne damit die Brauchbarkeit einer darauf gegründeten 
Begriffsbestimmung des Schönen zuzugestehen, worüber ich auf 
das verweise, was Theil I, S. 45. 47, gesagt ist. Insbesondere 
erscheint es misslich, mit der Erklärung des Schönen bis auf den 
Ursprung aus Gott zurückzugeben, auf den man freilich mit jeder 
Erklärung zurückgehen kann, wie man jede Geschichte mit Adam 
anfangen kann; aber so Wenig sich die menschliche Geschichte klar 
und sicher vom mythischen Adam aus verfolgen lässt, so wenig die 
Aesthetik von der, den menschlichen Horizont überhaupt überstei- 
genden oder doch in Dunkel gehüllten, ldee Gottes. So werden 
viele Theologen die Analogie der göttlichen Schöpferthätigkeit mit 
der menschlichen Phantasie als auf Anthropomorphismus ruhend 
nicht zugestehen; die Schöpferkraft Gottes sei vielmehr etwas über 
alles menschliche Sinnen und Denken Erhabene. Gegentheils wer- 
den weder die Materialisten, noch Hegelianer, noch Schopenhaueri- 
aner die Schöpfung der Welt und mithin des Naturschönen durch 
einen bewussten Geist zulassen, da vielmehr nach allen diesen die 
Natur, die Idee, der Wille der Welt erst in Thier und Mensch 
zum Bewusstsein kommt; von einer unbewussten Phantasie in 
Schöpfung des Naturschönen zu sprechen aber wäre eine Gewalt- 
samkeit, welche das Wirken blinder Kräfte mit der Phantasie in 
Eins zusammenwerfen liesse; daher von dieser Seite die Neigung, 
das Naturschöne lieber gleich vom Schönen auszuschliessen. Dann 
darf man der Definition zu Liebe einen schönen Menschen nicht 
mehr schön finden.
	        
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