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und Neigungen der Bewohner schmücken. So wird die Kunst statt
ein Reich über dem Leben, ein schmückendes Element des Lebens
selbst.
Unstreitig galt das von der antiken Kunst viel mehr als der
unsern, die hauptsächlich in Kunstakademieen, Kunstvereinen,
Kunstsammlungen, Kunstzeitschriften ihre Existenz, abseits vom
übrigen Leben, führt; indess die antike Welt von diesen Abson-
derungs-Plätzen und Anstalten der Kunst noch nichts wusste.
Muss man nun jenes frühere Verhältniss im Allgemeinen ein
günstigeres nennen, als das, was heute bei uns besteht, sofern die
Kunst durch ihr Einwurzeln im Leben selbst mehr Lebenskraft,
das Leben mehr Schmuck hatte, so kann man doch das alte Ver-
haltniss nicht wieder hervorzaubern, und nicht durch Negationen
die positiven Vortheile des früheren Verhältnisses gewinnen wollen.
Gesetzt man beseitigte die Kunstakademieen, Kunstvereine u. s. w.,
so würde man damit die Kunst selbst beseitigen. Auch würde es
doch zu weit gegangen sein, wollte man die Kunst blos dem
übrigen Leben dienstbar machen und zu einem sklavischen An-
schlusse daran verurtheilen; es war das selbst im Alterthum
nicht der Fall. Es giebt ja auch eine eigne Freude an der Kunst.
Man kann nur sagen: je mehr die Kunst sich vom übrigen Leben
ablöst, desto mehr verliert sie von natürlichen Stützen und geräth
in Gefahr, so zu sagen in ihren eigenen Interessen zu versurnpfen.
Ist solchergestalt die Kunst eine der höchsten Spitzen, welche
die Wirklichkeit oder Natur, im angegebenen Sinne gefasst, aus
sich hervortreibt; so ist sie doch nicht die höchste Spitze. Das
wird immer die Religion bleiben, die sicher nicht der Kunst ihren
Ursprung verdankt, die nun aber selbst der Kunst die höchste
Triebkraft verleiht und von ihr wichtige Rückwirkungen em-
pfängt.