Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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und Neigungen der Bewohner schmücken. So wird die Kunst statt 
ein Reich über dem Leben, ein schmückendes Element des Lebens 
selbst.  
Unstreitig galt das von der antiken Kunst viel mehr als der 
unsern, die hauptsächlich in Kunstakademieen, Kunstvereinen, 
Kunstsammlungen, Kunstzeitschriften ihre Existenz, abseits vom 
übrigen Leben, führt; indess die antike Welt von diesen Abson- 
derungs-Plätzen und Anstalten der Kunst noch nichts wusste. 
Muss man nun jenes frühere Verhältniss im Allgemeinen ein 
günstigeres nennen, als das, was heute bei uns besteht, sofern die 
Kunst durch ihr Einwurzeln im Leben selbst mehr Lebenskraft, 
das Leben mehr Schmuck hatte, so kann man doch das alte Ver- 
haltniss nicht wieder hervorzaubern, und nicht durch Negationen 
die positiven Vortheile des früheren Verhältnisses gewinnen wollen. 
Gesetzt man beseitigte die Kunstakademieen, Kunstvereine u. s. w., 
so würde man damit die Kunst selbst beseitigen. Auch würde es 
doch zu weit gegangen sein, wollte man die Kunst blos dem 
übrigen Leben dienstbar machen und zu einem sklavischen An- 
schlusse daran verurtheilen; es war das selbst im Alterthum 
nicht der Fall. Es giebt ja auch eine eigne Freude an der Kunst. 
Man kann nur sagen: je mehr die Kunst sich vom übrigen Leben 
ablöst, desto mehr verliert sie von natürlichen Stützen und geräth 
in Gefahr, so zu sagen in ihren eigenen Interessen zu versurnpfen. 
Ist solchergestalt die Kunst eine der höchsten Spitzen, welche 
die Wirklichkeit oder Natur, im angegebenen Sinne gefasst, aus 
sich hervortreibt; so ist sie doch nicht die höchste Spitze. Das 
wird immer die Religion bleiben, die sicher nicht der Kunst ihren 
Ursprung verdankt, die nun aber selbst der Kunst die höchste 
Triebkraft verleiht und von ihr wichtige Rückwirkungen em- 
pfängt.
	        
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