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fern liegendes ethnographisches Interesse, um das es uns bei Dann
stellungen dieser Art nicht zu thun ist und was mit unserm poeti-
schen Interesse nicht so verwachsen ist, wie das an der natur-
getreuen Darstellung einer Scene, bei der unsere Zeit directer mit
betheiligt ist.
Inzwischen braucht ein grosserMann blos in einer an sich rech-
ten Richtung zu weit zu gehen, so wird sie sicher von Nachahmern
vollends übertrieben werden. Um ein Beispiel davon zu geben, so
stellt ein Bild von W. Dyce d) die Scene, wie König Joas auf Befehl
Elisals mit dem Bogen der Befreiung schiesst (2. B. d. Kön. 43,
45-4 7) also dar:
nJoas, ein kräftiger, junger Mann von tiefbrauner Hautfarbe,
in eine Art lndianertracht mit einem bunten kurzen Schurzrock,
übrigens entblösst, kniet am Boden, Bogen und Pfeil schussbereit
und gegen das offene Fenster gerichtet. Hinter ihm sitzt der Pro-
phet, gleichfalls den braunen Körper entblösst, nur um die Schen-
kel, einen weissen Mantel geschlagen, und deutet seine Befehle mit
Bewegung der Hände an.a Ein Beurtheiler dieses Bildes sagt unter
Bezugnahme darauf, dass Horace Vernet in seiner Rebecca und J udith
das Vorbild zu solchen Darstellungsweisen geliefert habe, nicht
mit Unrecht: nlßh weiss nicht, 0b der Künstler des Verlustes von
religiösem,und poetischen Gehalt nicht inne wird gegen den Ge-
winn einer sogenannten wahren Geschichte, die in ihrer Kahlheit
entweder wie bei Rebecca nüchtern oder wie bei der Judith
entsetzlich erscheinm
Hiegegen haben wir an der Findung Moses von Papety im
Leipziger Museum ein Beispiel, wie wirksam der nationale Typus
doch auch in Darstellungen aus der alten Geschichte zur Geltung
gebracht werden kann. Man betrachtet dieses Bild, in welchem
die Tochter Pharaos und ihre Dienerinnen als braune Aegypterinnen
mit Zügen, die uns aus so vielen ägyptischen Denkmalen geläufig sind,
erscheinen, mit einem eigenthümlichen Interesse, wie es keine andre
der unzähligen Darstellungen desselben Gegenstandes zu erwecken
vermag, wo die allwärts wiederkehrenden maschinenmässigen Typen
der idealistischen Kunst, d. i. die griechischen Gesichter, uns auch
am Nil begegnen. Aber es ist eben nur deshalb, weil uns jener
Enthalten unter den Bildern der Londoner Kunstausstellung von 18H,
beschrieben im Kunstbl. 4844. N0. 70. S. 293.