Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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es die Wahrheit der Sache und ihre Bedeutung für die Geschichte 
wie für das Gemüth feststellen soll. Aber wie ofLwerden die Maler 
durch die Auftraggeber gebunden!      Sähen wir wenigstens 
noch den Schamyl wie er sein Schwert dem Ueberwältiger vor die 
Füsse wirft, und nun wie ein Held sich zusammenfasst um sein 
Schicksal zu tragen! Aber dieser Seelenkampf war geschehen. 
Bariatinski empfing ihn sitzend, und liess sich von einem Dolmetsch 
sagen, was er begehrte; so war's; nur Schade, dass die Dolmet- 
schung nicht malerisch ist und der Maler durch Handlungen zu 
sagen hat, was im Gemüth vorgeht! Horschelt hat auch auf seinem 
Gemälde glänzend bewiesen, welch scharfer Blick und sichere 
Hand für die Auffassung und Zeichnung des individuell und na- 
tional Gharakteristischen ihm eignet; er hat in den früher erwähn- 
ten Blättern seine Erkenntniss des echt Malerischen bewährt; möge 
er dazu kommen, auch in einer phantasievollen Composition ein 
vollgenügendes Ganzes zu schaffenat 
Im Vorigen ist sehr triftig und ganz in Uebereinstimmung mit 
Bahl die höhere Aufgabe bezeichnet, die sich der Künstler stellen 
k o nn t e, indem er den Vorgang der Unterwerfung Schamyls blos 
als Motiv benutzte, die allgemeine welthistorisehe Idee dieser Unter- 
werfung unmittelbar in schlagendern Zügen als die Wirklichkeit 
selbst bergab, auszudrücken- Möchte er es gethan haben; aber 
wäre ich Bariatinski, so Würde ich dem Maler ins Gesicht gelacht 
und das Bild mit dem aus dem Kopfe des Malers vor meine Füsse 
geworfenen Schwerte auf den Oberboden gestellt haben, um es 
nicht immer vor Augen zu haben, weil mich die Gewaltthatfwelche 
die poetische Wahrheit gegen die reale und mein ganz berechtigtes 
reales Interesse übte, zu sehr verdrösse. 
Nun sagt der Kritiker etwa: wohl, das Bild sollte aber auch. 
um auf höheren und allgemeineren Werth Anspruch zu machen, 
so gemalt sein, um vielmehr einen Platz in einer Kunstsammlung, 
einem Nationalmuseum, als dem Privatzimmer des Generals zu 
verdienen, und statt ein particuläres vielmehr ein allgemeines und 
ewiges Interesse der Mit- und Nachwelt zu befriedigen. Ich bin 
aber überzeugt, dass nicht nur Bariatinski, sondern die gesammte 
Mit- und Nachwelt mit Ausnahme voreingenommener Kunst.- 
idealisten das Bild lieber ansehen und einen stärkeren Eindruck 
davon empfangen wird, wenn sie wissen, es war so, als, so war 
die Gonception des Malers. Ich selbst machte jedenfalls diese Er-
	        
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