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der Xiersehanzung, von wo aus Bresche geschossen wird, der Feldherr selbst
sitzt ruhig, an eine Kanone gelehnt; die 2h. Compagnie ist die erste , welche
den Sturm läuft, ihr nach folgen die Indigenes, dann eine Colonne, welche
noch Gewehr am Fuss steht, und ganz zuletzt hinter den Schanzkörben, die
47. Compagnie; das ist kein Bild mehr das ist reine Natur, die zusammen-
geschossene Stadtmauer, die in der Luft zerspringenden Bomben, die jubelnd
Andringenden, die zum Sturm Bereitstehenden, die Reservehaltenden, der
ruhige Feldherr mit seinem Gefolge, Alles das steht so natürlich sicher da,
dass man selbst des günstigen Erfolges gewiss ist, u. s. w. Wenn man
die Franzosen mit ihren rothen Hosen in Beih und Glied aufgestellt sieht, so
sollte man meinen, ein Künstler könne mit dieser unmalerischen Tracht gar
nichts anfangen ; aber Vernet zeigt, was damit zu machen ist, und doch malte
er sie kein Jota anders , als sie eben sind; man kann sich davon oft genug
durch den Augenschein überzeugen, wenn die Soldaten vor diesen Bildern
stehen, dann könnte man sie sogleich in diese hineinversetzen, ja man möchte
sagen, die im Bilde seien lebendiger als die davor, und zum Tbeil ist es auch
so, denn die Action ist es, welche das Leben zur Schau bringt, und dadurch
weiss Vernet die ungeheure Wirkung hervorzubringenni
In N0. 69 S. 286 11". ist noch ähnlich vdie Seeattaque von St. Jean d'Ull0au
das nGefecht de PHahrau, nder Aufbruch von einer Lagerscene in Afrikar, und
das gewaltige Bild sdie Wegnahme der Smalahu geschildert. Ueberall gleiches
Interesse, gleiches Leben.
Freilich, wenn Vernet solche Erfolge nicht durch eine freie
Bearbeitung der Geschichte in Bahls Sinne erzeugen konnte, so
eben so wenig durch eine reine Nachahmung der Natur, sondern
eben nur durch eine reinigende in Aristoteles Sinne; dessen Fode-
rung es besser wäre durch Commentare zu erläutern, als durch
die idealistische Federung in Bahls Sinne zu ersetzen. Auch in
historisch Wesentlich treuen Darstellungen wird sich der Künstler
von Geist als solcher noch dadurch bewähren können, und hat sich
Vernet nach voriger Schilderung bewährt, dass er nur des Interesses
überhaupt nicht baare Scenen und diese in ihrem charakteristisch-
sten Momente vom günstigsten Standpuncte aus für die Darstellung
auswählt, wozu schon mehr als blosses Nachahmen gehört, zugleich
aber einen Vorzug vor so vielen idealistischen Künstlern dadurch
gewinnen können, dass er die so in ihrem Wichtigsten Momente
ergritfene Scene auch in der Darstellung ganz aus dem Leben greift,
was die meisten nur auf Idealisirung und Stilisirung ausgehenden
Künstler ganz verlernt haben. Er wird in seinem Anschlusse an die
Wirklichkeit nicht so weit gehen können, um auch alle dem Interesse
am Gegenstande fremden Zufälligkeiten, welche die Wirklichkeit ein-
geschoben haben mochte, mit aufzunehmen. Vernet selbst wird wohl