Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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für die alten Aegypter trug diese Symbolisirung nicht den Charak- 
ter einer gleichen Absurdität. Sie wussten noch nicht eben so 
wie eine weiter fortgeschrittene Kunst vermag, den Ausdruck 
höherer Eigenschaften in der Bildung der menschlichen Gestalt und 
Züge deutlich auszuprägen ; wogegen es leicht war, sie durch Thier- 
symbolik auszuprägen; und da ihnen die Thierwelt selbst als eine 
Götterwelt und ein Behältniss jenseitiger Seelenwelt galt, so war 
das, was uns vielmehr als eine Erniedrigung durch das Symbol 
erscheint, für sie eine Erhöhung. Diese Vortheile haben bei ihnen 
hingereicht, den Nachtheil der Naturwidrigkeit zu überwinden. 
Absolut genommen steht ihr Geschmack tiefer als der unsere, weil 
er auf einer minder hohen und entwickelten Culturstufe beruht, 
und der unsere ein höheres und volleres Genüge gewährt; aber für 
ihre Gulturstufe war er doch vielleicht in seinem Rechte. 
Wir können eine analoge Bemerkung bezüglich der oben be- 
rührten Symbolik der Hindus machen. Der Grieche stellt den Aus- 
druck einer über die menschliche erhobenen Macht und Grösse sym- 
bolisch durch die Idealgestaltung des Menschlichen so approxiinativ 
als möglich dar; der niedern Kulturstufe der Hindus war diese 
Möglichkeit versagt, und so griffen sie beispielsweise dazu, einen 
Gott statt blos mit zwei Armen mit zwanzig Armen zu versehen 
und mit zwanzig Schwertern drein schlagen zu lassen ; sie wussten 
die übermenschliche Kraft eben_ noch nicht anders darzustellen, 
und doch war bei ihnen so gut als bei den Griechen ein Bedürfniss 
dazu vorhanden. 
So sehr uns nun dergleichen anwidern mag, haben wir doch 
Anlass, nachsichtig gegen solche Ungeheuerlichkeiten zu sein, nach- 
dem wir uns die widernatürlichen Sphinxe, Centauren und geflü- 
gelten Engel gefallen lassen. Wie wir derselben gewohnt worden 
sind, mögen die Hindus jener Darstellungen gewohnt worden sein, 
nachdem sie ihre Verwendung zu Zwecken des Cultus gefunden. 
Jedenfalls ist der Unterschied nur relativ. Freilich sind die Hindus- 
so weit in solchen Ungeheuerlichkeiten gegangen, dass man sagen 
möchte: da hört Alles auf. So kommen bei ihnen Bilder vor, wo 
eine oberste Gottheit auf einem Elephanten reitet, der aus lauter 
andern Thierkörpern seltsam in einander geschlungen ist, oder ein 
Rajah auf einem Pferde oder Elephanten, das aus den sämmtlichen 
Frauen seines Harems zusammengesetzt istß") 
Böttiger Ideen z. 
Arch 
Mal.
	        
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