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letzen, doch wird den Beschauer immer ein Gefühl dabei beschlei-
chen, dass der Künstler so zu sagen der Idee geschmeichelt oder
ihr etwas abgeschmeichelt habe, was der Strenge der Kunst wi-
derspricht. b)
Zur Erläuterung will ich an ein Bild von Lasch erinnern,
welches einmal im Leipziger Kunstverein ausgestellt war, und vie-
len Beifall erwarb; auch hat es in einer Berliner Ausstellung die
kleine goldne Medaille für Kunst erhalten. Es stellt den Heimgang
einer Bauerngesellschaft von einer Kirmess dar. Den Mittelpunct
des Bildes nimmt ein jubelnder trunkeuer Bursch ein; und auch
einem Burschen hinten sieht man an, dass er des Guten zu viel
gethan hat. Hierin und in einer Geige, die einer der Heimkehren-
den trägt, liegt aber auch Alles, was man charakteristisch für den
Heimgang von Dorlleuten aus einer Kirmess finden kann. Die 6
oder 7 Bauermädchen, die im Zuge mitgehen, sammt einem Kinder,
das von einem Bauer getragen wird, sind alles ganz allerliebste
reizende Geschöpfe mit einer Lieblichkeit und selbst Feinheit des
Ausdruckes und Behabens, dass man sie nur gern ansieht; aber
wo giebt es ein Dorf mit lauter solchen reizenden Geschöpfen. Und
wie passen solche feine Gesichter zu den groben Schuhen. Zwar
ist einigen Gesichtchen ein Zug bäuerlicher Naivetat gleichsam als
Würze beigemischt, der sie in der That noch reizender macht;
doch ist das Verhältniss der Wirklichkeit eben damit verkehrt, dass
der Gruudzug die Nebenrolle spielt. 1m Uebrigen ist der ganze
Zug so gehalten, dass ein Bekannter von mir, der mit bäuerlichen
Verhältnissen vertraut ist, gar nicht glauben wollte, das Bild stelle
wirklich den H e i m g a n g von einerKirmess dar, vielmehr den Titel
des Bildes u) Nach der Kirmessa als einen Hingang nach einer
solchen deutete; der Jubel des Burschen sei blos ein Jubel vor-
weg. nOft genug sei er selbst bei Bauerkirmessen gewesen, und
wisse sehr wohl, dass es bei der Heimkehr von solchen ganz an-
ders aussehe und zugehe, wie hier, wo noch die grösste Sauberkeit
und Ordnung unter den Heimkehrenden herrsche, nicht einmal
Bierflecke auf den Hosen der Betrunkenen zu sehen wärenß Nur
i) Eine Mehrzahl von recht plumpen Beispielen falscher ldealisirung.
fand ich Anlass in einer kleinen Schrift nUeber einige Bilder der zweiten
Leipziger Kunsiausstellung, von Dr. Illises. Leipzig 4839m mit aufgenommen
in die kleinen Schriften von Mises, zu besprechen.