Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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haupt wesentlich nur handeln, die Scene mit symbolischem Cha- 
rakter so darzustellen, dass die höhere Bedeutung einer Segnung 
der Kindheit durch Christus vielmehr verstanden als unverstanden 
sich ausprägt und dem Beschauer in diesem Sinne anschaulich ein- 
prägt. Ja, hätte ich vielemealistische Darstellungen solcher Scenen 
in Rembrandtis Sinne gesehen, so möchte ich mich um so mehr an 
einer nur nicht gar zu verblasen gehaltenen idealistischen er- 
freuen ; nur dass man vielmehr die idealistisch gehaltenen in Hau- 
fen sieht. Wenn ich aber sagte, man werde ganz blasirt von 
der Wiederkehr solcher Darstellungen, hätte ich vielmehr nur 
sagen sollen , dass ich selbst es geworden. Der herrschende Ge- 
schmack hingegen ist so durch die herrschenden Muster unterjocht 
worden, dass er nun nach einem Gewohnheitsbedürfniss überall 
sucht, was er überall findet. 
So blasirt aber bin ich doch nicht, dass ich nicht in der Rapha- 
el'schen Sixtina und dem Gesicht des Ezechiel noch die schönsten 
und erhabensten Werke der Malerei zu finden, Cornelius apoka- 
lyptische Reuter zu bewundern und mich an so vielen Darstel- 
lungen von Genelli u. s. w. zu erfreuen vermochte, Bildern, die 
dem Ideal geben, was des Ideals ist, indem sie sich in einem Ge- 
biete, was der Vorstellung schon ganz idealisirt vorgegeben ist, 
auch ganz halten; und es giebt, ja ein solches Gebiet, was durch 
Glauben, Mythus, Dichtung, Symbolik reich bevölkert ist mit gött- 
lichen Persönlichkeiten, mit Engeln, Erzvätern, Heiligen, sogar 
heiligen Thieren, mit Göttern, Heroen, Heroinen; und ich sollte 
meinen, darin fände der idealisirende Künstler schon genug Spiel- 
raum für die reine Befriedigung des Bedürfnisses idealer Gestal- 
tung. Wo aber das reale Gebiet von diesem idealen nur überragt 
wird, dieses in das reale hinabreicht, sollte meines Erachtens die 
Darstellung auch nur mit den in das ideale Gebiet gehörigen Ge- 
stalten gekrönt werden, indess das Streben, das reale Gebiet mit 
in die Höhe zu schrauben, durch nahe Nivellirung des Niedern und 
Hohen nur überwiegende Nachtheile obgenannter Art bringen 
kann. 
Dabei gebe ich zu, um auch Gegenrücksichten ihr Recht zu 
lassen, dass es doch in biblischen Bildern sich rechtfertigen kann, 
die gemeinen Juden und untergeordneten Persönlichkeiten über- 
haupt, statt mit den heutigen Mauschelgesichtern, mit einem bis 
7,11 gewissen Gränzen idealisirten Gepräge darzustellen; nur
	        
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