4211
haupt wesentlich nur handeln, die Scene mit symbolischem Cha-
rakter so darzustellen, dass die höhere Bedeutung einer Segnung
der Kindheit durch Christus vielmehr verstanden als unverstanden
sich ausprägt und dem Beschauer in diesem Sinne anschaulich ein-
prägt. Ja, hätte ich vielemealistische Darstellungen solcher Scenen
in Rembrandtis Sinne gesehen, so möchte ich mich um so mehr an
einer nur nicht gar zu verblasen gehaltenen idealistischen er-
freuen ; nur dass man vielmehr die idealistisch gehaltenen in Hau-
fen sieht. Wenn ich aber sagte, man werde ganz blasirt von
der Wiederkehr solcher Darstellungen, hätte ich vielmehr nur
sagen sollen , dass ich selbst es geworden. Der herrschende Ge-
schmack hingegen ist so durch die herrschenden Muster unterjocht
worden, dass er nun nach einem Gewohnheitsbedürfniss überall
sucht, was er überall findet.
So blasirt aber bin ich doch nicht, dass ich nicht in der Rapha-
el'schen Sixtina und dem Gesicht des Ezechiel noch die schönsten
und erhabensten Werke der Malerei zu finden, Cornelius apoka-
lyptische Reuter zu bewundern und mich an so vielen Darstel-
lungen von Genelli u. s. w. zu erfreuen vermochte, Bildern, die
dem Ideal geben, was des Ideals ist, indem sie sich in einem Ge-
biete, was der Vorstellung schon ganz idealisirt vorgegeben ist,
auch ganz halten; und es giebt, ja ein solches Gebiet, was durch
Glauben, Mythus, Dichtung, Symbolik reich bevölkert ist mit gött-
lichen Persönlichkeiten, mit Engeln, Erzvätern, Heiligen, sogar
heiligen Thieren, mit Göttern, Heroen, Heroinen; und ich sollte
meinen, darin fände der idealisirende Künstler schon genug Spiel-
raum für die reine Befriedigung des Bedürfnisses idealer Gestal-
tung. Wo aber das reale Gebiet von diesem idealen nur überragt
wird, dieses in das reale hinabreicht, sollte meines Erachtens die
Darstellung auch nur mit den in das ideale Gebiet gehörigen Ge-
stalten gekrönt werden, indess das Streben, das reale Gebiet mit
in die Höhe zu schrauben, durch nahe Nivellirung des Niedern und
Hohen nur überwiegende Nachtheile obgenannter Art bringen
kann.
Dabei gebe ich zu, um auch Gegenrücksichten ihr Recht zu
lassen, dass es doch in biblischen Bildern sich rechtfertigen kann,
die gemeinen Juden und untergeordneten Persönlichkeiten über-
haupt, statt mit den heutigen Mauschelgesichtern, mit einem bis
7,11 gewissen Gränzen idealisirten Gepräge darzustellen; nur