Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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Idealisiren 
leitet 
sich 
VOH 
ab 
Ideal 
unter 
Ideal einer Sache 
aber versteht man -die Sache, vorgestellt wie sie sein würde, wenn 
sie frei von Störungen und ihrem Wesen fremden Zufälligkeiten 
wäre, ihrer Idee vollkommen entspräche, das dafür Beteutungs- 
lose abstreifte, eine Spitze erreichte, welcher man die Realität 
wohl zustreben sieht, ohne dass sie aber dieselbe erreicht; was 
Alles Wesentlich auf dasselbe herauskommt, ohne dass freilich der 
Begriff des Ideals zugleich bestimmen kann, was man für diese 
Spitze, für Wesensstörungen, welche ihrer Erreichung im Wege 
stehen, für Abfall von der Idee halten will. Jedenfalls entspricht 
die Wirklichkeit unseren irgendwie geschöpften Vorstellungen in 
dieser Hinsicht im Allgemeinen nicht; und ist man, wenn auch 
nicht in allen doch vielen Beziehungen einig, was über die Wirk- 
lichkeit hinaus vom Ideal zu fodern sei. Nun ist es allgemeinge- 
sprechen ein Vortheil der Kunst, dass sie solchen Foderungen nach 
den Seiten, die überhaupt ihrer Darstellung zugänglich sind, besser 
als die Wirklichkeit zu entsprechen, ja selbst Vorstellungen in 
diesem Sinne zu begründen vermag, was eben durch das Ideali- 
siren zu geschehen hat. 
Dabei macht es aber einen Unterschied, und daran hängt 
gleich ein Unterschied in der Auffassung des Idealisirens, 0b man 
das Wesentliche eines Individuums oder das Wesentliche einer 
Gattung vor Augen hat. Man kann sich eine Vorstellung, eine Idee 
von Dem, was an einem Individuum wesentlich und was an ihm 
zufällig ist, machen, und, indem man jeden Moment seiner Wirk- 
lichkeit selbst noch mitZufalligkeiten behaftet sieht, das Individuum 
so darzustellen suchen, wie man sich denkt, dass es aussehen 
würde, wenn alle Zufälligkeiten, alles Unwesentliche, für seinen 
Charakter Bedeutungslose von ihm abfiele. Fragt sich freilich, 0b 
eine reine Abstraction des Wesentlichen vom Zufälligen überhaupt- 
möglich und wie sie zu bewirken ist. Gewiss jedenfalls ist, dass 
Idealisirung mancherseits und in gewissem Sinne so verstanden, 
und dem Porträtkünstler als das von ihm anzustrebende Ziel vor- 
gehalten wird. 
Für eine Gattung aber ist Vieles als unwesentlich, zufällig 
anzusehen, was zur Charakteristik eines Individuum wesentlich 
gehört, und so verstehen illlanche unter Idealisirung überhaupt nur 
den Ersatz der Chzirakterdarstellung des Individuellen durch eine 
Darstellung, worin die allgemeinen Gattungscharaktere zum vor-
	        
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