unbekleidet vorgestellt. Es würde einiges Interesse haben, den
Motiven hieven näher nachzugehen, jedoch ein besonderes Studium
und eine eigene Abhandlung federn. Beschränken wir uns hier.
das Gewand aus dem zweiten Gesichtspuncte der Stilistik etwas
näher in Betracht zu ziehen.
Es giebt so unordentlich zerknitterte gegenüber so schön fal-
lenden Gewändern, dass man davon einen ähnlichen Eindruck wie
von einem widrigen Geräusche gegenüber einem reinen Tonfalle
hat. Es giebt Gewänder mit so hart und eckig gebrochenen Falten,
dass das Auge bei jedem Fortschritte darüber stolpert, und wieder
andre mit so parallelen Falten, dass es eben so gerne den Zinken
eines Kammes folgte, beides nicht selten bei alten Madonnenlail-
dern. Es giebt so steif bauschige Gewänder, dass sie vom Körper
und den Seelenbewegungen nichts durchscheinen lassen, dass wir
eben nur das Kleid, was "für sich zu sehen kein Interesse hat, nicht
die Person darunter sehen. Es giebt hiegegen Kleider, welche den
Körper so futteralartig einschliessen, das wir nur das Spiel des
nackten Körpers, aber nichts von einem Spiele des Körpers mit
dem Kleide, in welches jenes Spiel sich fortzusetzen und so zu
sagen auszuhlühen vermag, wahrnehmen. Alles das, und selbst.
eine zu grosse Annäherung daran hat der Stil zu vermeiden. Nur
freilich ist mit Vermeidung solcher Fehler d. i. Annäherungen an
Extreme, der rechte Stil noch nicht gefunden; und nun hört man
viel von einem Rhythmus der Linien in der Gewandung, dem Fal-
tenwurf sprechen, ohne je im Stande gewesen zu sein, ihn anders
als durch seine gefallende Wirkung und unbestimmte Ausdrücke
zu charakterisiren. Meinerseits scheint mir diese gefallende NVir-
kung, nächst Vermeidung jener Extreme, Wesentlich dax on abzu-
hängen, dass wir erstens fühlen, die ganze Mannichfaltigkeit des
Faltenwurfes stehe unter dem ordnenden Einflüsse eines einheit-
lichen psychischen Principes, welches die ganze Gestalt stellt, be-
wegt und das Kleid unter Wahrung der natürlichen Bedingungen
seines Stoffes mit bewegt, zweitens, dass uns diess psychische
Prineip selbst Beifall abgewinnt. Von erster Seite ist es die ein-
heitliche Verknüpfung des Mannichfaltigen, was uns gefällt; aber
die Lust daran möchte leicht unter der Schwellelbleiben, wenn sie
sich nicht dadurch von zweiter Seite steigerte, dass wir in der
Ordnung der Falten eine Ordnung des Geistes herausfühlen, die
uns gefällt. Ein grossartiger, ein würdiger, ein anmuthiger, ein