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ilörmige Erscheinung der Wand, so geht der Charakter des ersten
Zwecks mehr verloren, als wenn sich die Figuren so eng drängen,
dass sie fast Wieder eine gleichförmige Gränzfläche und damit
Wandfläche gehen; die Wand scheint erstenfalls mehr zur
Unterlage für das Bildwerk, als zum Einschluss für den Todten
"bestimmt, kurz verräth mehr eine Bestimmung nach Aussen als
nach Innen, was vermieden werden soll. Es ist derselbe nur in
umgekehrter Richtung angewandte Gesichtspunct, nach welchem
man Freskobildern auf einer Wandfläche keine grosse scheinbare
Tiefe gibt.
Eine drastische Erläuterung unsrer jetzigen Slilregel bietet sich in fol-
gendem Geschichtchen.
Der Maler Platner in Rom hatte einen Carlon von der Scene entworfen,
wie Hager ihren Sohn Ismael auf Bogenschussweite von sich legt; und ihn
wirklich so weit von ihr gelegt, dass eine grossc Leere zwischen beiden blieb.
Cornelius und Overbeck kamen in sein Atelier, da er gerade nicht zu Hause
war; sahen mit Erstaunen dieses stilistische Meisterstuck und gaben ihrem
Urlheil darüber dadurch einen Ausdruck, dass sie einen Ansatz nahmen und
durch den Garten zwischen beiden Figuren durchsprangen; worauf Platner,
als er nach Hause kam, mit Befremden ausgerufen haben soll: vdas müssen
ihrer zwei gewesen scinß So ist mir selbst das Geschichtchen erzählt wor-
den. Nach Befragung von Cornelius durch Max Lohde verhält es sich freilich
in Wirklichkeit etwas andersi"). Nicht Cornelius und Overbeck wraren es,
sondern der Graveur Matthäi , welcher durch das Bild hindurchsprang, und
-dazu die Bemerkung machte: nGenau so viel, wie ich fortgesprungen, muss
wegß Auch habe Platner nachher das Bild so verkürzt gemalt.
Das Colorit unterliegt von zweiter Seite her mindestens
eben so wichtigen stilistischen Rücksichten als von erster Seite
her, worüber sich schon Th. I. S. 482 einige Bemerkungen finden.
Es giebt Bilder, in denen uns die Farben so zu sagen zugebrockt
werden, und andere, in denen sie mit anmuthigem Wellenschlage
dahin iliessen. Wie aber die Symmetrie in Bildern, die das Leben
darzustellen haben, auch lebendig durchbrochen werden muss,
kann die reine Farbenharinonie in Bildern, die etwas viel Höheres,
als diese Harmonie darzustellen haben, nur durchbrochen, modu-
lirt, in solcher Annäherung Platz greifen, dass derAngemessenheit
zur höheren Aufgabe noch genügt wird.
Inzwischen fehlt es nicht an Künstlern, die den Vortheil schö-
ner Farbenwirkung zum Iclauptgesichtspuncte des Bildes erheben :
Lützoxüs Zeitschr. I1]
4568.