zeichnenden Künste darunter versteht. Zur zweiten Classe gehören
die redenden Künste, die Poesie und Rhetorik, die Musik, Schau-
spielkunst, Tanzkunst, wofür ein gemeinschaftlicher Name fehlt.
Der Kürze halber kann man die Künste beider Classen als Künste
der Ruhe und Bewegung unterscheiden.
S0 rein äusserlich der Gesichtspunct der Unterscheidung bei-
der Klassen ist, kann man doch nicht zweifeln, dass er als ein be-
sonders schlagender die übliche Eintheilung der Künste von oben-
herab wesentlich bestimmt hat, indem sich alle Hauptkünste sehr
entschieden auf die eine oder andere Seite legen lassen, was nicht
mehr der Fall sein würde, wenn man den obersten Gesichtspunct.
der Unterscheidung irgend anders, z. B. in der Unterschiedenheit
der Sinnesgebiete, durch welche die Künste Eingang finden, suchen
wollte. Denn die Poesie kann eben so wohl durch geschriebene
als gehörte Worte und die Plastik eben so wohl durch Getast als
Gesicht den Eingang finden, wenn auch die eine Eingangsweise
als bevorzugt vor der anderen anzusehen ist. Eben so wenig kann
man die Unterscheidung der Künste in solche, welche wesentlich
durch directe, und solche, welche durch associative Eindrücke
wirken, als massgebend für die bestehende Eintheilung ansehen,
denn wenn schon sich die Musik und die Redekunst in ungebun-
dener Rede danach ziemlich von einander und von anderen Künsten
absondern, so treffen doch in den übrigen Künsten beiderlei Ein-
drücke mehr oder weniger wesentlich, wenn auch nicht überall
gleich wiegend, zusammen.
Nun kann man versuchen, jenem äusserlichen Unterschiede
der beiden Hauptklassen der Künste einen tiefer gehenden ideellen
abzugewinnen; doch wüsste ich keinen zu finden, der scharf, klar,
prägnant, durchschlagend, fruchtbar für die Betrachtung hervor-
träte, wenn es auch unschwer ist, philosophische Floskeln dafür
zu finden; und geht man zu den einzelnen Künsten über, so lässt.
sich überhaupt keine gleich scharfe Abgränzung derselben gegen
einander mehr finden, als zwischen jenen Hauptklassen.
Zwar bei den Hauptwerken der Künste wird man nicht in
Zweifel sein, wohin sie zu zählen, zur Architektur Tempel der
Götter und gezimmerte oder gemauerte Wohnungen der Menschen,
zur Plastik menschliche und thierische Statuen, zu den zeichnenden
Künsten Gemälde Zeichnungen, zur Poesie lyrische, epische,
dramatische Gedichte u. s. w. Aber in diesen Hauptwerken treffen