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Gleich Eingangs ward das Princip in der Allgemeinheit aus-
gesprochen, dass es eben so für active als receptive Beschäftigung
gelte. Jede körperliche wie geistige Thätigkeit Will, um uns zu
behagen, in einem gewissen Zusammenhange ausgeführt sein, ver-
trägt nicht häufige Unterbrechung, kann aber auch durch Mono-
tonie ermüden, und wer höherer Gesichtspuncte mächtig ist, ver-
langt auch solche zur Verknüpfung der Momente seiner Thätigkeit.
Mit Händen und Füssen zwecklos strampeln genügt uns nicht, weil
es an einem verknüpfenden ideellen Motive der einzelnen Bewegun-
gen fehlt; aber auch direct in sich will die körperliche Thätigkeit
einheitlich verknüpft sein, und es ist nicht ohne Interesse, den
Tact im Gebiete derselben eine entsprechende Rolle wie bei unsern
receptiven Gehörseindrücken spielen zu sehen.
In der That alle unsre Bewegungen nehmen wir lieber tact-
massig als ohne Tact vor, wenn nicht die Unregelmässigkeit im
Sinne eines Zweckes ist. Wir gehen tactmässig, athmen tactmässig,
lassen die Schlucke beim Trinken tactmässig folgen, bringen den
Löffel tactmässig zum Munde, schlagen tactmässig einen Nagel ein,
trommeln zur Unterhaltung tactmassig mit den Fingern auf dem
Tische. Im Tanze aber steigert sich die Wirkung des Tacts unsrer
eigenen Körperbewegung mit dem tactmässigen Eindrucke der
Musik und den andern Elementen derselben zu einer höhern
Leistung. Selbst in die ganz unwillkürlichen Bewegungen hinein
macht sich "der Vortheil des Taetes geltend, indem der Mensch sich
im Allgemeinen um so wohler befindet, je regelmassiger sein Herz-
schlag und die peristaltische Bewegung seiner Eingeweide ist, ja
er befindet sich im Ganzen um so wohler, je regelmässiger seine
Lebensordnung überhaupt ist, d. h. in je regelmässigerer Periode
er dieselben Verrichtungen wiederholt, wenn es nur nicht an hin-
länglicher Abwechslung zwischen denselben fehlt; wogegen starke
Abweichungen davon zwar als Ausnahmen geliebt werden, aber
auch nur ausnahmsweise vorkommen dürfen. Regelmässige Periode
und Tact aber haben das Gemeinsame einer Wiederkehr derselben
Momente in gleichen Zeitabschnitten; nur dass eine eontinuirliche
periodische Bewegung in doppeltem ästhetischen Vortheil dadurch
gegen den Tact abgesonderter kurzer Schläge ist, dass jede Periode
noch eine Mannichfaltigkeit in sich einschliesst, und dass keine
volle Unterbrechung der Bewegung statt findet.
Hiezu beiläufig einige,
in die innere Psychophysik der ästhetischen Ge-