Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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dass man die Theile, welche in den höhern Bezug eintreten, so 
weit es immer der Zweck gestattet, glatt, in reiner Weisse oder 
Farbe und in reinen Gontouren hält. 
ln allen Fällen praktischer Verwendung freilich machen sich 
Mitbestimmungen geltend, die abgesehen von den obenerwäihnten 
inneren Gontlicten des Principes den Vortheil des höheren Ein- 
heitsbezuges verkümmern wie gegentheils UIIIGFSLÜIZGH. können. 
Sonst würden wir nicht noch so viel weisse und einfarbige Kleider 
und Wände sehen, nicht anderseits so oft in Zweifel sein kön- 
nen , ob wir die Wohlgefälligkeit eines Gegenstandes vielmehr auf 
seine regelmässige Form oder die sich associativ geltend machende 
Angemessenheit derselben zu seiner Bestimmung zu schreiben 
haben. Nur allgemeingesprochen eben scheint der Vortheil des 
höhern Einheitsbezuges vor dem niedern der Gleichförmigkeit und 
vollends vor der Begellosigkeit durch alle Mitbestimmungen alurch, 
und tritt um so reiner hervor, je mehr solche fehlen. Um ihn aber 
so rein als möglich zu haben, muss man solche so sehr als möglich 
ausschliessen; und in dieser Beziehung ist nichts instructiver als 
die so zu sagen zauberhafte, allen Mitbestimmungen merklich ent- 
zogene, Leistung des Kaleidoskops. 
In der That mag eine Anordnug noch so gleichgültig oder eine 
Unordnung noch so ungefällig sein, das Kaleidoskop erzwingt 
durch den zusammengesetzten Einheitsbezug regelmässigei" Wie- 
derholung mit allseitiger Symmetrie die Wohlgefälligkeit, und ein 
ziemlich bekanntes Spiel leistet Aehnliches schon mit zweiseitiger 
Symmetrie. Was für einen Krakel mit Tinte wir auf ein Papier 
machen, wenn wir es inmitten oder am Bande des Krakels so zu- 
sammenbrechen, dass ein symmetrischer Abdruck davon auf der 
Gegenseite entsteht, so erwächst für die Zusammensetzung des 
Krakels mit dem Abdruck eine Wohlgefälligkeit, die nur durch die 
Unreinheity welche der Abdruck den einzelnen Zügen verleiht, 
einen gewissen Abbruch erleidet. 
Fraglos hienach, dass auch an der Wohlgefülligkeit der 
menschlichen Gestalt die zweiseitige Symmetrie wesentlichen An- 
theil hat; blos eine Seite des Menschen für sich möchte uns, ab- 
gesehen von der freilich vorwiegenden Gewöhnung, die mensch- 
liche Gestalt aus associativen Gesichtspuncten ins Auge zu fassen, 
auch nur als ein unregelmässiger Krakel erscheinen. Ja verletze 
man-durch schiefe Nase, schiefen Mund die Symmetrie, so wird es
	        
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