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sie gehen aber mit den ästhetischen Hand in Hand, und es gilt
von moralischen Flecken dasselbe als von physischen. Von diesem
Zurückbleiben der Missfälligkeit hinter der Ursache derselben lässt
sich ein doppelter Grund angeben. Einmal wächst nach einem
(schon S. 53 berührten) psychophysischen, durch Beziehung auf
Lust- und Unlustreize in die Aesthetik übertragbaren, Gesetze eine
Empündung überhaupt mit Verstärkung des Reizes über einen
gewissen Grad hinaus schwächer als der Reiz, oder selbst gar nicht
mehr merklich. Ein Lieht, in eine fast dunkle Stube gebracht,
lügt ausserordentlich Viel Helligkeit hinzu; ein zweites gleiches
hinzugebracht, lässt die Helligkeit nur noch in unverhältniss-
mässig geringerem Verhältnisse Wachsen. Zweitens wird bei Ver-
doppelung einer störenden Stelle doch die Störung insofern nicht
ganz verdoppelt, als die störenden Stellen selbst und die Weisen
ihrer Störung etwas Gleiches darbieten. Beide Gründe dürften im
Allgemeinen zusammen in Betracht zu ziehen sein.
S0 wenig gleichförmige Reinheit uns lange für sich zu fesseln
vermag, so willkommen ist uns doch im Allgemeinen die Reinheit
der Gontoure, der Farben in den Theilen eines Kunstwerkes , weil
jeder Theil von selbst nur die kurze Betrachtung in Anspruch
nimmt, über die hinaus er anfangen wurde uns langweilig zu
werden. Gehen wir doch bald von einem Theile zum andern
über, um damit des zwischen ihnen bestehenden höheren Ein-
heitsbezuges zu gewahren; nun kann sich die Gewährung des
niedern an der Gleichförmigkeit der Theile in vortheilhafter Weise
damit verbinden. Unstreitig zwar können wir die Reinheit von
Contouren auch desshalb fodern, weil der darzustellende Gegen-
stand dadurch schärfer ins Licht tritt, aber Beides Widerspricht
sich nicht, sondern hilft sich; sonst könnte uns eine reingezogene
Linie nicht auch ausser einer Zeichnung besser gefallen als eine
unrein gezogene.
Die stärkste Störung erfährt natürlich die Gleichförmigkeit
eines Eindruckes durch seine völlige Unterbrechung; und man
kann sagen, dass solche an sich überall im Sinne der Unlust ist,
nur dass die Schwelle der Unlust namentlich durch einzelne Unter-
brechungen nicht überall überstiegen wird, und Regelmässigkeit
der Unterbrechungen eine Gompensation bewirken kann, sofern
damit ein höherer Einheitsbezug eintritt, der für den Bruch des
niederen zu entschädigen vermag, wie jedenfalls vom Tact im