Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

40 
des Gewissens, angeboren oder anerzogen sein mag, kann streitig 
sein; überall hat Erziehung jedenfalls daran mitgewirkt. 
 Gegen die psychologische Triftigkeit der vorigen Bestimmun- 
gen dürfte sich niehts einwenden lassen. Nun ruht das hier ver- 
tretene eudämonistische Princip in nichts Anderm, als dass es 
dasselbe, was eines Jeden bewusste Antriebe noth wendig ihrer 
Richtung nach bestimmt, auch als Ziel dieser Antriebe in Be- 
ziehung auf das Ganze vor Augen stellt, und die Erziehung der 
Antriebe Aller auf mögliehste Erfüllung dieses Zieles zu richten 
gebietet. Diess unter Geltendmachung der Solidaritäit, in welcher 
sich das Wohl des Einzelnen mit dem des Ganzen um so mehr 
zeigt, je vollständiger das Prineip erfüllt, und je weiter es in sei- 
nen Consequenzen verfolgt wird. 
S0 Wenig hienach die Bevorzugung des eignen Wohles vor 
dem Wohle Andrer im Sinne des Prineipes liegt, so wenig die 
Opferung des eignen Wohles für das von Andern. Denn das eigne 
XVohl bildet selbst einen Bestandtheil des allgemeinen Wohles, 
und so darf und soll jeder, um nicht das Wohl des Ganzen zu 
verkürzen, das eigne Wohl nach Massgabe anstreben, als Andern 
nicht mehr Nachtheil als ihm selbst Vortheil daraus erwächst. Es 
kann aber jeder nach gewisser Beziehung sogar besser für sich 
sorgen, als Andre für sich sorgen lassen, nach andern umgekehrt 
besser für Andre sorgen, als diese für sich sorgen können. Nun 
hat das Recht mit Rücksicht auf historische, nationale und noch 
speeiellere Verhältnisse, die ltthik "aus darüber hinaus gehenden 
allgemeineren Gesiehtspuneten, Rechte und Pflichten in dieser 
Hinsicht abzuwägen und Gesetze aufzustellen, welche, indem sie 
das Urtheil des Einzelnen beherrschen und binden, das llandeln 
Aller in der Richtung auf das Besste in Zusammenhang erhalten. 
Schon in der Gemeinsamkeit der Befolgung eines Gesetzes aber 
liegt etwas Gutes; denn besser, wenn alle einem gegebenen Kreise 
Angehörigen ein dafür bestehendes Gesetz, wäre es auch nicht das 
besste, nur dass es nicht das schlechteste sei, gemeinsam und 
stetig befolgen, als wenn Jeder ohne Gesetz nach seiner eigenen 
Ansicht vom Bessten handelt. 
Nun ist. nicht zu leugnen, dass die Antriebe des Menschen 
von vorn herein vielmehr auf das eigne und nächste Wohl als das 
des Ganzen und den fern liegenden Büekgewinn des eigenen 
Wohles aus dem Ganzen gehen, also nicht im Sinne des vorigen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.