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manche Spätere gefolgt sind, ohne dass ihr doch je die Ausführung
der Aesthetik gefolgt ist. ln der That, wie weit müsste die Aesthe-
tik nach gewisser Seite greifen und wie eng sich nach andrer Seite
zusammenziehen, sollte sie diese Begriffsbestimmung erfüllen und
nicht überschreiten. Die ganzen Verhältnisse der sinnlichen Wahr-
nehmung mit der kaum davon abtrennbaren Beziehung derselben
zu physiologischen und physikalischen Verhältnissen würde in sie
gehören, von Göthes Faust und der sixtinischen Madonna aber
nichts, als was den Sinn rührt, der ästhetischen Betrachtung zu
unterziehen sein. So weit nach einer und so eng nach der andern
Seite hat man doch Aesthetik nie gefasst und ist sie auch nicht
einmal von Baumgarten selbst gefasst werden, vielmehr von ihm
dadurch, dass er das Schöne als das Vollkommene der sinnlichen
Wahrnehmung zum llauptgegenstiantie der Betrachtung erhebt und
Gesichtspuncte zuzieht, die über die Verhältnisse rein sinnlicher
Wahrnehmung hinausgreifen, in die jetzt hergebrachte Fassung
der Aesthetik übergeleitet worden. Wonach man behaupten kann,
dass von vorn herein wie noch heute sich in der Gebrauchsweise
des B egriffes Aesthelisch, so wie in der Ausführung, wenn auch
nicht überall in der Definition, der Lehre der Bezug zu Gefallen
und Missfallen wesentlich geltend gemacht hat.
Also versteht man jetzt unter ästhetisch überhaupt, was
sich auf Verhältnisse unmittelbaren Gefallens und Missfallens an
dem bezieht, was durch die Sinne in uns eintritt, ohne aber blos
die rein sinnliche Seite davon im Auge zu haben, da vielmehr
Verhältnisse des Sinnlichen, wie in der Musik, und Associa-
tion sv orstellung e n, die unmittelbar mit dem Sinnlichen ver-
schmelzen, wie mit den Worten in der Poesie und den Formen
in den bildenden Künsten, endlich Verhältnisse dieser Vor-
stellungen, in so weit sich an alles das Gefallen oder Missfallen
knüpft, mit in das Bereich des Aesthetischen gezogen werden.
Ja nach einem engern Gebrauche des Aesthetischen schliesst
man sogar das, was blos seiner sinnlichen oder wenig darüber
hinausreichenden Wirkung nach Gefallen oder Missfallen zu
wecken vermag, vom Begriff des Aesthetischen aus, um nur das
aus höheren Gesichtspuncten, nach höheren Beziehungen un-
mittelbar Gefallende und Missfallende darunter zu begreifen. So
betrachtet man z. B. den wohlgefälligen Eindruck, den ein reiner
voller Ton, eine tiefe gesättigte Farbe, der Wohlgeruch einer
Feeh ner, Vorschule d. Aestlietik. 3