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der Kunst als Frucht der Erfüllung einer wichtigen Federung er-
scheint, sondern es können auch nur wahre Erkenntnisse zu guten
praktischen Folgen führen, so dass sich selbst umgekehrt nach
einem sehr allgemeinen Princip die Wahrheit einer Erkenntniss
aus ihrer Güte folgern lässt; woraufjedoch hier nicht näher ein-
zugehen. x)
Das Gute ist nach Allem wie der ernste Mann und Ordner
des ganzen Haushaltes, der Gegenwart und Zukunft, Nahes und
Fernes in Eins bedenkt, und den Vortheil nach allen Beziehungen
zu wahren sucht; das Schöne dessen blühende Gattin, welche
die Gegenwart besorgt, mit Rücksicht auf den Willen des Mannes,
das A ngen ehme das Kind, was sich am sinnlichen Genusse und
Spiele des Einzelnen erfreut; das Nützliche der Diener, welcher
der Herrschaft Handleistungen thut und nur Brod erhält nach
Massgabe als er solches verdient. Das Wahre endlich tritt als
Prediger und Lehrer den Gliedern der Familie hinzu, als Prediger
im Glauben, als Lehrer im Wissen; es leiht dem Guten das Auge,
führt dem Nützlichen die Hand und hält dem Schönen einen
Spiegel vor.
Aesthetisch , Aesthetik.
Es wird noch gelten, den bisher blos beiläufig in Gebrauch
gezogenen Begriff des Aesthetischen und der Aesthetik als Lehre
vom Aesthetischen etwas näher zu erläutern und hiemit zugleich
das Gebiet, innerhalb dessen sich die Betrachtungen dieser Schrift
halten werden, bestimmter zu begränzen.
Nach der Etymologie und ursprünglichen Erklärung Seitens
Baumgarten (von dem die Aesthetik als Wissenschaft datirt), und
Kant würde Aesthetisch auf das sinnlich Wahrnehmbare oder For-
men der sinnlichen Wahrnehmung überhaupt ohne Rücksicht auf
Wohlgefälligkeit und Missfälligkeit gehen, und hienach Aesthetik
eine Lehre von der sinnlichen Wahrnehmung (oder deren For-
men) überhaupt bedeuten da), eine Begriffserklärung, welcher noch
r) Vergl. darüber die ndrei Motive u. Gr. des Gl." S. 420.
ü) S0 noch bei Kant in seiner transcendentalen Aesthetik, indess er
später, in seiner Kritik der Urtheilskraft, welche die eigentliche Grundlegung
seiner Aesthetik enthält, ästhetisch und Aesthetik vielmehr im jetzt üblichen
Sinne verwendet, was zur jetzigen Gebrauehsweise dieser Begriffe wohl
selbst hauptsächlich beigetragen hat.