Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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denen sie haftet, nach dem Zusammenhangs, in den sie eintritt, 
grössere Unlust in Folgen erzeugt oder grössere Lust am Zustande- 
kommen hindert, als sie selbst beträgt, welche Folgen aber, falls 
wirklich Werth im allgenieinsten Sinne verstanden werden soll, 
nicht blos auf den eigenen Lustzustand der betreffenden Menschen, 
sondern den gesammten Lustzustand der Menschheit zu beziehen 
sind. Hienach kann Unlust sogar einen höheren Werth als Lust 
erhalten, wenn sie sich durch grössere Lustfolgen zu überbieten 
oder grössere Unlustfolgen zu hindern vermag. Und mag, wie zu- 
gestanden, eine genaue Schätzung hievon nicht möglich sein, so 
ist doch die Schätzung des Werthes principiell auf diesen Ge- 
sichtspunct zu stellen, weil jede andre Schätzung mit mindestens 
gleich unmöglicher Genauigkeit grösserer Unklarheit unterlie- 
gen wird.   
Die Lust des Bösen und die Lust am Bösen haben hienach 
überhaupt bei gleicher Grösse nicht gleichen Werth als die des 
Guten und als die Lust am Guten, sofern jene Lust nach der Natur 
des Bösen und Guten selbst mit überwiegenden Unlustfolgen, diese 
mit überwiegenden Lustfolgen zusammenhängt. Der glückliche 
Zustand des Bösen erhält ihn in seinen bösen Neigungen und 
stärkt sein böses Vermögen und erhält und stärkt damit einen 
Quell allgemeiner Unlust. l-liegegen gewinnt die Strafe des Bösen, 
göttliche und menschliche, obwohl direct Unlust bereitend, Werth 
nicht nach dem leeren Princip einer Betaliation oder dogmatischen 
Princip einer Sühne, wobei eine Frage nach dem Warum noch 
immer rückwärts bleibt, sondern sofern sie den Bösen bessert, 
abhält, abschreckt, kurz dem Uebel als Quell der Unlust steuert; 
und je mehr sie von diesen Bedingungen vereinigt, desto grösseren 
Werth wird sie haben. i") 
Auch höhere Lust (Lust von höherem Charakter) hat nur in- 
sofern grösseren Werth als niedere, als sie zugleich Quell von 
mehr Lust ist. Die Lust des Kindes an seinem unschuldigen Spiele, 
die Lust des fleissigen Arbeiters an seinem einfachen Male aber, 
obwohl niedriger, ist doch werthvoller, als die Lust an einer 
schlechten Intrike oder einem unsittlichen Romane. 
i") ich meine, erst wenn man den Werth der Strafe aus obigem Gesichts- 
puncte wird fassen lernen, wird man über die noch jetzt herrschenden Ein- 
seitigkeiten in der Auffassung ihres Princips hinauskommen.
	        
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