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vorzugten Bedeutung vor den andern verstandene, auf, jedenfalls
als der Haupthegriff. Wir haben es hier wesentlich nur mit
dem ersten zu thun , ohne doch die Beziehung des zweiten dazu
ganz beiseite lassen zu können.
Den Begriff des Schönen als Hauptbegriff der Aesthetik zu
fassen , entspricht der allgemeinen Uebereinstimmung; von Man-
chen wird sogar diese Lehre schlechthin als Lehre vom Schönen
erklärt. Das Schöne selbst aber wird verschiedentlich nach sei-
nem Ursprunge (aus Gott, Phantasie, Begeisterung), seinem
Wesen (sinnliche Erscheinung der Idee, Vollkommenheit der
sinnlichen Erscheinung, Einheit in Mannichfaltigkeit u. s. w.
u. s. w.) oder seiner Leistung (in Wohlgefallen, Lust) erklärt.
Unserseits sind wir nicht nur durch das Princip, begrifflich überall
von Erläuterung des Sprachgebrauches auszugehen, an den Aus-
gang von letzter Erklärungsweise gebunden, sondern auch durch
die Consequenz unserer allgemeinen Bestimmungen über die ästhe-
tischen Kategorieen, die doch ihrerseits nur in allgemeinerer Weise
auf solche Erläuterung zurückkommen.
Iliernach heisst schön im weitesten Sinne, der zugleich der
gemeinste ist, Alles, woran sich die Eigenschaft findet, un mittel-
ba r, nicht erst durch Ueberlegung oder durch seine Folgen, Ge-
fallen zu erwecken, insbesondre, falls es diese Eigenschaft nicht
in zu geringem Grade und falls es sie verhältnissmässig rein
besitzt, indess wir bei geringerem oder nur verhältnissniässigem
Grade Ausdrücke wie angenehm (oft mit sinnlicher Nebenbedeu-
tung), ansprechend, hübsch vorziehen, und diese oder jene
Schattirungen des Gefallenden durch diese oder jene andre Aus-
drücke, wie anmuthig, niedlich, erhaben, prächtig u. s. w. be-
zeichnen. In jenem weitesten Sinne kann etwas so gut schön
schmecken als schön aussehen, giebt es so gut schöne Seelen als
schöne Körper, schöne Ideen als schöne Statuen. Der Sprachge-
brauch duldet in der 'I"hat nicht nur das Alles, sondern es ist auch
gut, dass er es duldet, denn wir hätten sonst für das Alles keine
gemeinsame Bezeichnung, die wir doch brauchen. Im engere n
Sinne der Aesthetik und Kunstbetrachtung aber heisst schön
etwas nur, wiefern es geeignet ist, höhere als blos sinnliche Lust
doch unmittelbar aus Sinnlichem schöpfen zu lassen, was sei es
durch Auffassung innerer Beziehungen des Sinnlichen oder durch
Vorstellungsassociation an das Sinnliche möglich ist, worauf näher