Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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andrer Nationen, noch unser jetziger musikalischer Geschmack der 
Geschmack vergangener Zeiten, die Zukunftsmusik aber schon mit 
schmetternden Fanfaren da, den Sieg über den heutigen zu ver- 
künden. Mag hier blos folgende. Stelle aus einem historischen 
Aufsatze über Musik Platz finden, die mich Selbst, der ich kein 
Musikverständiger bin, besonders interessirt hat 
nDass im. Harmonischen Vieles, was für unsreVorfahren über- 
raschende Gegensätze bildete, uns im Gegentheil wenig über- 
rascht, vielmehr trivial dünkt, ist nicht auffallend. Aber dass 
dem 'Ohr eines Zeitalters Harmonieen-Verbindungen völlig falsch 
und unsinnig klingen, die dem Ohr einer andern Zeit schön und 
natürlich geklungen haben, diess ist doch eine räthselhafte That- 
sache. Schon die grellen und unvorbereiteten Dissonanzen, die 
wir jetzt häufig für sehr wirkungsreich halten, haben vor 400Jah- 
ren für ohrzerreissend gegolten. Mehr noch. Die schauerlichen 
Quartenfolgen des Guido von Arezzo aus dem Mten Jahrhundert 
widerstreben unserm Ohr so sehr, dass die äusserste Selbstüber- 
Windung geübter Sänger dazu gehört, um solche Harmonie-Ver- 
bindungen nur überhaupt aus der Kehle zu bringen. Und doch 
müssen sie dem mittelatterlichen Ohre schön und naturgemäss 
geklungen haben! Sogar Hunde, welche moderne Terzen- und 
Sextengänge ruhig anhören, fangen jämmerlich zu heulen an,' 
wenn man ihnen die barbarischen Quartengänge der Guidonischen 
Diaphonieen auf der Geige verspielt! Diese historisch-constatirte 
Umstimmung des musikalischen Ohres ist in der That unbe- 
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Hiezu zeigt der Verfasser, wie auch die Orchesterstimmung, 
das Tempo u. s. w. nach Ort und Zeit verändert worden sei. 
Ohne mich weiter hiebei aufzuhalten, füge ich zu dem Bei- 
spiele aus der eigentlichen Musik ein solches aus der gefrorenen 
Musik, wie bekanntlich einer der Gebrüder Schlegel die Archi- 
tektur nannte; ein Beispiel, was, wenn schon das vorige fast 
unglaublich erschien, noch unglaublicher erscheinen dürfte, indem 
sich unser architektonischer Geschmack darin geradezu auf den 
Kopf gestellt zeigt. 
In unsrer wie der antiken Baukunst gilt es als selbstverständ- 
lich, dass Säulen, Stützen nur Theile eines Gebäudes zu tragen, 
Augsb. 
allg- 
Zeit. 
4852. 
Beil. zu N0.
	        
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