weniger hat sich ihm die Wissenschaft entziehen können, wonach
der Lustbegriff in der Psychologie unbedenklich in jener vollen
Weite und Allgemeinheit gebraucht wird, welche an seiner Abs-
trahirbarkeit in reinster Fassung hängt, und welcher sich mit der
niedersten Lust auch die höchstgeartete unterordnet, weil es
solcher Fassung zur Stellung allgemeinster Gesichtspuncte bedarf,
bis wohin das Bedürfniss des gemeinen Lebens nicht reicht.
Manche haben, um den beschränkenden Nebenbedeutungen
zu entgehen, welche der gemeine Gebrauch des Wortes Lust leicht
mitführt, für den allgemeineren Gebrauch andre Worte, als wie
Wohl, Wohlgefühl, Glück, Glückseligkeit vorgeschlagen
oder vorgezogen. Das ändert in der Sache nichts; nur fügen sich
diese Worte der sprachlichen Verwendung nicht gleich gut als
Lust, und können ohne ausdrückliche Erklärung eben so Wenig
oder im Grunde viel weniger zur Bezeichnung des allgemeinst
verwendbaren Begriffes dienen. Diess hindert nicht, sie da, wo
sich's sprachlich schickt, dafür oder in Abhängigkeit davon zu ge-
brauchen, wie oft genug von uns geschehen wird, da sie jeden-
falls in Abhängigkeit vom Lustbegriffe stehen.
Dass man vorzugsweise geneigt ist, Lust in niedrem Sinne zu verwen-
den, macht sich z. B. in Worten wie lustig, Lust-barkeit, Lüsternheit, Lüste,
Wollust geltend. ln dieser Neigung liegt allerdings ein nicht zu verkennen-
der und nicht zu unterschätzender Uebelstand für den Gebrauch des Wortes
Lust in jenem weitesten Sinne, der mit der niedersten die Lust von höchstem
Charakter unter sich fasst, da sich ihm leicht unwillkührlich die engere und
niedere Bedeutung unterschiebt. Böte nur die Sprache in ihrem Vorrath ein
genügendes Ersatzmittel dafür dar. Nun aber widerstrebt der Ausdruck Lust
doch nicht geradezu jener weitesten Fassung, und kann man selbst im
gewöhnlichen Leben wohl noch von einer Lust an göttlichen Dingen, einer
Lust an Erforschung der Wahrheit, am Wolilthun u. s. w. sprechen; aber
wie sollte man von einem Wohlgefühl oder einer Glückseligkeit daran spre-
chen. Diese sprachliche Unbequemlichkeit beim Gebrauche irgendwelcher
Ersatzmittel für den AusdruckLust und der in der Psychologie schon accep-
tirte Gebrauch desselben in grösster Weite lässt mich auch in der Acsthelik
denselben im Ganzen vor andern Ausdrücken vorziehen, ohne doch damit
deren Gebrauch überall auszuschliessen.
lnsofern nach Vorigem aus allen noch so verschiedenen Arten
der Lust wie Unlust etwas Identisches als Lust oder Unlust abs-
trahirbar ist, lässt sich voraussetzen, dass auch in allen Verschie-
(lenartigen Ursachen der Lust wie Unlust etwas Identisrhes als
letzter allgemeiner wesentlicher Grund. der Lust wie Unlust ent-