Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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puncte dieses Sollens. 
nächst kann man sich 
nügen lassen. 
Hierauf werden wir unten kommen; zu- 
an dem geläufigen Begriffe des Sollens ge- 
Weiter kann man einen feineren und gröberen, höhe- 
ren und niedrigeren,einseitigeren und vielseitigeren 
Geschmack und verschiedene Richtungen des Geschmackes un- 
terscheiden, je nachdem der Mensch befähigter ist, von feineren 
oder gröberen, höheren oder niedrigeren, wenigeren oder meh- 
reren, so oder so beschaifenen Bestimmungen und Verhältnissen 
der Dinge ästhetisch afficirt zu werden. 
Man kann nicht schlechthin sagen, dass ein feinerer und höhe- 
rer Geschmack zugleich nothwendig ein richtigerer oder besserer 
sei; denn so oft auch die Bedingungen davon zusammentreffen, 
ist es doch nicht unbedingt der Fall. S0 hat der Ueberbildete oft 
einen feineren und höheren, doch darum noch nicht einen rich- 
tigeren oder besseren Geschmack, worauf weiterhin zurückzukom- 
men. Um so weniger ist ein vielseitiger Geschmack nothwendig 
ein guter, da er vielmehr nach allen Seiten schlecht sein kann; in- 
dess ein zu grober, zu niedriger, zu einseitiger Geschmack freilich 
auch nicht gut ist. 
Auch zwischen Feinheit und Höhe des Geschmackes findet 
keine nothwendige Bedingtheit statt. Es ist an sich nur Sache 
eines feinen aber nicht hohen Geschmackes, wenn jemand sich 
der feinen Ausführung eines Bildes, der feinen Modulationen eines 
Tonstückes so wie der Beziehungen zwischen dem Feinen, die 
man selbst fein nennt, erfreut; aber dabei kann es recht wohl 
sein, dass die Empfänglichkeit über das Einzelne der feinen Be- 
ziehungen nicht hinausreicht, bis zu den höchsten und letzten Be- 
ziehungen, welche durch das Ganze gehen und das Ganze ver- 
knüpfen, nicht aufsteigt, daher trotz der Feinheit der Empfindung 
zu keiner grossen Höhe gelangt; indess umgekehrt in derEmpfäng- 
lichkeit für die Beziehungen grosser Massen, wie_solche z. B. in 
Kunstwerken sog. hohen Stils zur Geltung kommen, zu grosser 
Höhe aufgestiegen, dafür aber an Feinheit der Empfindung im 
Einzelnen eingebüsst werden kann. Die Kunst kommt dieser 
Unterscheidung dadurch entgegen, dass Kunstwerke von feiner 
Ausführung im Allgemeinen nicht zugleich Werke hohen Stils und 
umgekehrt sind; und kann man auch nicht sagen, dass eine Ver-
	        
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