Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

 
bedarf, um ausgelöst zu werden. Man sieht einen Gegenstand 
und ohne zu wissen und zu fragen warum, gefällt oder missfällt 
er uns; das ist Geschmackssache. Und fragt doch jemand nach 
dem Warum, und weiss man nicht warum, so hält man es auch 
genug, zu sagen, es sei eben Geschmackssache. 
Der Geschmack ist solchergestalt eine suhjeetive Ergänzung 
zu den objectiven Bedingungen des Gefallens und Missfallens. 
Das Ding muss seine Eigenschaften haben, um gefallen oder miss- 
fallen zu können; aber wenn der Mensch nicht die dazu passende 
Einrichtung hat, gefällt oder missfällt es doch nicht; bei anderer 
Einrichtung kann dem Einen gefallen , was dem Andern missfällt, 
und so sprechen wir von einem verschiedenen Geschmack, je 
nachdem Verschiedenen Verschiedenes gefällt oder missfällt. 
In sofern sich die Aesthetik mit Gegenständen und Verhält- 
nissen unmittelbaren Gefallens und Missfallens beschäftigt, und 
schön oder unschön im weitesten Sinne überhaupt heisst, was die 
Eigenschaft hat unmittelbar zu gefallen oder zu missfallen, ist 
auch Geschmackslehre gleichbedeutend mit Aesthetik , ist der Ge- 
schmack ein Vermögen, von den Dingen so oder so angesprochen 
zu werden, und Sache des Geschmackes, etwas schön oder nicht 
schön zu linden. In sofern aber in einem engern Sinne der 
Begriff des Aesthetischen und Schönen auf Gegenstände und Ver- 
hältnisse höheren Gefallens und Missfallens beschränkt wird, pflegt 
man auch den Begriff des Geschmackes in einem entsprechend 
engeren Sinne auf solche zu beziehen, und z. B. das Gefallen oder 
Missfallen an etwas Wohl- oder Uebelschmeckendem, trotz dem, 
dass der Ausdruck Geschmack daher entlehnt ist, nicht als Sache des 
Geschmackes im engern Sinne zu rechnen, nennt also einen Gut- 
schmecker desshalb noch nicht einen Mann von gutem Geschmack. 
Doch lassen sich manche, auf den Geschmack im engeren und 
höheren Sinne bezügliche, Verhältnisse nur. um so handgreiflicher 
am niederen erläutern.  
In sehr weiter Fassung wird der Begriff des Geschmackes 
wie der des Schönen oder Unschönen nicht blos auf Gefallen und 
Missfallen an Verhältnissen der Aussenwelt, sondern auch der 
lnnenwelL bezogen, und sagt man also wohl: es ist nicht nach 
meinem Geschmacke, mich viel mit Sorgen zu plagen, erst lange 
zu überlegen u. s. w.; in engerm Sinne aber bezieht man doch 
Geschmack eben wie auch schön und unschön nur auf Gefallen
	        
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