Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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Rose aus schöner Hand erwartete, so wird er das selbst lächerlich 
finden, falls ihn der Fehlschlag der Erwartung nicht sachlich zu 
sehr verdriesst, und wir werden es jedenfalls lächerlich finden, 
die seinen Verdruss nicht theilen, um so mehr, wenn wir ihm 
denselben gönnen. Auch für uns aber würde der Fall aufhören 
lächerlich zu sein, wenn der Ziegelstein den Mann todt schlüge 
oder schwer verletzte, weil die sachliche Unlust an dem Unglück 
die formale Lust der Lächerlichkeit nicht zur Geltung kommen 
liesse; und diess Beispiel kann für viele andre gelten, wo die 
Lächerlichkeit wegen sachlicher Gegenwirkungen nicht zu Stande 
kommt.   
Man kann bemerken, dass bei zweckwidrigen Handlungen, 
getäuschten Erwartungen und in andern Fällen, wo der Vorstel- 
lung durch die Thatsache widersprochen wird, das Prineip der 
Vorstellungseinstimmigkeit in Conflict mit dem Princip der ein- 
heitlichen Verknüpfung des Mannichfaltigen tritt, Welchem diese 
Fälle hier untergeordnet sind.  Während sich nämlich das Gefal- 
len an solchen Fallen auf die Befriedigung des letztern Princips 
schreiben lässt, könnte von der Verletzung des ersten vielmehr 
Missfallen erwartet werdenf Es ist aber schon früher (S. 82) im 
Allgemeinen bemerkt, dass die Unlust, die aus Verletzung dieses 
Princips entsteht, leicht unter der Schwelle bleibt, wenn der Wi- 
derspruch nicht tief in unser theoretisches und praktisches Inter- 
esse eingreift, und um so weniger wird sie zur Geltung kommen 
können, wenn sie von der starken gegentheiligen Wirkung eines 
andern Princips überboten wird. Auch compensirt sie sich in 
jenen Fällen so zu sagen von selbst. Was kommt uns z. B. dar- 
auf an, wenn eine Katze einen andern Sprung macht, als wir er- 
warten konnten; wir finden freilich dadurch unsrer Vorstellung 
widersprochen, aber auch dieselbe unmittelbar widerlegt, berich- 
tigt, den Widerspruch im selben Momente gehoben, so wie er ent- 
steht, die neue Vorstellung tritt einfach an die Stelle der alten; 
und die Hebung eines Widerspruches ist eben so im Sinne der 
Lust, als der Widerspruch im Sinne der Unlust; also bleibt dem 
Princip der einheitlichen Verknüpfung des Mannichfaltigen hier so 
zu sagen freier Baum, seine Wirkung zu äussern. Anders , wenn 
uns etwas wider den gewohnten Gang der Natur zu laufen, den 
Gesetzen derselben und hiemit den von uns festzuhaltenden , Vor- 
aussetzungen zu widersprechen scheint; das erscheint uns selbst
	        
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