Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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keit nicht. In der Poesie wird man es sich doch schon gern, fast 
lieber als den Gebrauch directer Bezeichnungen, gefallen lassen, 
ein schönes Mädchen als blühende Rose, einen muthigen Mann als 
Löwen, einen grausamen als Tiger bezeichnet zu finden. Recht 
interessiren freilich wollen solche Vergleiche nicht mehr, man ist 
wegen ihrer häufigen Wiederkehr schon abgestumpft dagegen. 
Wenn aber Jean Paul den Mond einen Schwan des Himmels nennt, 
so erscheint uns dieser Vergleich zwar als noch ziemlich naheliegend 
nicht lustig, doch interessirt uns mehr als die vorigen, da er deren 
Geläufigkeit nicht theilt. Auch wird das Gefallen daran dadurch 
verstärkt, dass uns die anmuthige Vorstellung sachlich anspricht. 
Nennt dann aber anderwärts Jean Paul den Mond in der Phase 
des Ab- oder Zunehmens, zugleich mit Rücksichtauf seine Gestalt 
und dass der Mond am Himmel und Mohnsaft in einer gemeinsa- 
men Beziehung zum Schlafe stehen, einen angebissenen Mohnöl- 
kuchen, so scheint uns dieser ganz fernliegende Vergleich zwischen 
so ganz heterogenen Gegenständen, wenn schon in gewisser Hin- 
sicht weniger zutreffend, doch lustiger als alle vorigen Vergleiche, 
indess er, wenn er gar nicht träfe, auch gar nicht vergnügen 
könnte, denn das Fernliegen thut es eben nicht allein, es steigert 
nur die Empfänglichkeit; und wollte jemand z. B. sagen, der 
Mond ist ein Fuchs oder ein Stück Brod, so wurde man das nicht 
lustig, sondern nur abgeschmackt finden, weil es hier ganz an 
einer vermittelnden Vorstellung fehlte.  
Nehmen wir Wortspiele, so berührt es uns an sich nicht ästhe- 
tisch, dass ein Wort in verschiedenen Bedeutungen vorkommt und 
demgemäss im Lexicon mit solchen aufgeführt wird, indem wir 
Wissen, dass es diese verschiedenen Bedeutungen nur für einen 
verschiedenen Zusammenhang geltend zu machen hat, und es un- 
willkürlich solchem einordnen. Hiegegen finden wir es ergötz- 
lich, wenn der wirkliche Gebrauch desselben oder eines ähnlichen 
Wortes oder Satzes einen gemeinsamen Mittelbegriff für die ver- 
schiedenen Bedeutungen zum Vorschein bringt, wodurch sich die 
Gemeinsamkeit des Wortgebrauches in unerwarteter Weise recht- 
fertigt. Zum Beispiel: 
Jemand sagte bezüglich einer Tänzerin, welche für einen 
Gehalt von 4000 Tlialer hauptsächlich Elfenrollen im Oberon und 
sonst tanzte: ))'2000 Thaler für jedes Bein, das ist theures Elfen- 
beinß-Saphir hatte von einem ihm laekanntcn Bankier 300 Gul-
	        
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