Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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cylindrischen Theil zum Umfassen mit der Hand zwischen Fuss 
und Körper an, den wir noch gern mit einem kleinen Wulst oben 
oder um die Mitte versehen, um die Lage der Hand zu fixiren und 
das Gefäiss nicht darin gleiten zu lassen, oder setzen Henkel an 
die Seite des Gefiisses, nach Umständen auch Beides. Also muss 
sich die Kugel oft auch zur Seite Ansätze gefallen lassen, die ohne 
Rücksicht auf den Zweck als störende Auswüchse erscheinen möch- 
ten, zumal wo es, wie meist.bei Tassen, nur einen Henkel giebt, 
dem nicht einmal die Symmetrie mit einem andern zu Statten 
kommt. Um den Einguss zu erleichtern dient eine Umbiegung 
der Mündungsränder nach Aussen, um den Ausguss zu erleich- 
tern, die stellenweise Zusammenziehung in den Schnabel, und 
um bei möglichst erleichtertem Ein- und Ausguss dem Gefässe 
seine einschliessende Kraft noch möglichst zu wahren, die hals- 
förmige Einschnürung zwischen Mündung und Bauch, wo es näm- 
lich auf diese Zweckrücksichten ankommt. 
Während aber so die Kugelform in vertikaler Richtung oft 
ganz zerstört wird, bleibt doch von ihr der kreisförmige Quer- 
schnitt in jeder horizontalen Richtung des Gefässes, weil alle 
Nehenzwecke ihren Einfluss eben nur in jener Richtung ausüben, 
wenigstens bei den meisten Gefässen. Doch muss selbst die all- 
seitige Symmetrie nachgeben, wo es der Zweck verlangt, daher 
der einseitige, dem Henkel entgegenstehende, Ausguss an Gefas- 
sen, die vorzugsweise bestimmt sind, oft etwas herzugeben. 
Ich habe bei all dem wesentlich nur Gefässe für Flüssigkeiten 
im Auge gehabt. Bei Kisten, Kasten, Kästchen, Koffern wider- 
strebt im Allgemeinen die Form dessen, was sie aufzunehmen haben, 
der Anwendung krummer Flachen für die Wände, oder bringt die 
Construction aus Bretern die rechteckige Form von selbst mit sich. 
Nun aber auch bei Gefässen etc. ist so wenig als beim Bau- 
werk Alles auf Zweckmässigkeit zu geben, und federn Gefüsse so 
gut als Bauwerke zur Steigerung des Gefallens auf einen Punct, 
von dem an wir anfangen von Schönheit zu sprechen, noch die 
Hülfe durch Verzierung und directe, d. h. von keinen Associa- 
tionsvorstellungen abhängige, Formwohlgefalligkeit, so weit sich 
solche mit der Zweckmässigkeit verträgt. Zwar tritt, wie oben 
bemerkt, die Zweckmässigkeit selbst als einheitliches Bindeglied 
der lllannichfaltigkeit an jedem Gefässe auf; doch muss auch die 
anschaulich einheitliche Verknüpfung in so weit festgehalten wer-
	        
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