218
der Wohlgefälligkeit des Bauwerks geschehe, also wird auch der
Nachtheil, der sich Seitens Verletzung der äussern Zweckmässig-
keit aus jenem Gesichtspuncte associativ geltend machen könnte,
über dem Vortheil, der sich direct durch die Wohlgefalligkelt jener
Theile geltend macht, nicht gespürt. '
Ich habe im Vorigen nur einige speciale Theile eines Bauwer-
kes in Betracht gezogen, Wovon man die Anwendung leicht auf
die übrigen und das Ganze wird machen können. Jeder Gegen-
stand der Kunstindustrie wird sich ähnlichen Betrachtungen
unterziehen lassen. Beschränken wir uns auf einige Ausführungen
bezüglich eines Beispiels.
Ein Gefass hat im Allgemeinen den Zweck, etwas in sich zu
fassen. Es wird unter sonst gleichen Umständen, d. i. bei ge-
gebener Masse und Oberfläche, am meisten zu fassen im Stande
sein, wenn es kugelrund ist. Käme es nun auf weiter nichts an,
und käme es überhaupt bei der Schönheit blos aufäussere Zweck-
erfüllung an, so würde uns ein kugelrundes Gefäss dadurch, dass
man ihm diese vortheilhafleste Erfüllung ansähe, besser als jedes
andere gefallen. Aber noch eine Menge andre Zweckrücksichten
machen ihre Ansprüche an die Form geltend, und dehnen, drücken,
biegen an der Kugel, beschneiden sie, setzen ihr anderwärts wie-
der zu, und unser Schönheitsgefühl lässt sich das Alles nicht
nur gefallen, sondern fodert es. Zugleich wird damit ausser der
Zweckmässigkeit noch der directe Vortheil für das Gefallen erreicht,
dass ein Reiz der Mannichfaltigkeit an jedem Gefässe schon für
sich, aber auch zwischen verschiedenen Gefässen, entsteht, der
bei überall kuglichen Gefässen trvegfiele , durch den Gesichtspunct
der Zweckmässigkeit aber immer einheitlich gebunden bleibt.
Sehen wir näher zu, so soll sich oben in das Gefäss etwas
einfüllen lassen, es soll auch seinen Inhalt wieder von sich geben
können; also schneiden wir einen Theil der Kugel oben ab und
legen ihn entweder ganz bei Seite, oder setzen ihn, um den Inhalt
noch möglichst abzuschliessen, als Deckelmit einem Knopfe zum Auf-
und Abheben wieder oben auf. Das Gefäss soll sich ferner unten
feststellen lassen, also opfert die Kugel ihre untere Wölbung, wir
platten oder flachen sie wenigstens ab oder geben ihr einen Fuss.
Eine Hohlkugel mit abgeschnittenem Obertheil und abgeilachtem
Untertheil giebt die einfachste Schaale. Das Gefiiss soll sich auch
bequem fassen lassen; entweder bringen wir daher einen dünnen