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Gebäude in keinem Baustile gefunden, aber es ist auch kein Ge-
fühl so gebildet, dass es spürte, was an absoluter Zweckmässig-
keit noch fehlt; das entspricht sich. '
Im Steinbau selber verlangen wir, dass die Säulen bald enger
bald weiter (im Verhältniss zu ihrer Dicke und Länge) von einan-
der stehen; wir verlangen es, auch wenn wir nichts von Baukunst
verstehen. Forschen wir aber nach, so finden wir, dass auch hier
das richtige Schönheitsgefühl jedesmal mit dem richtigen Zweck-
mässigkeilsgefühl zusammentriiftv. Es würde uns nicht gefallen,
die schlanken corinthischen Säulen eben so Weit auseinandertreten
zu sehen, als die untersetzlten dorischen. Jene dürfen nicht anders
als eng stehen, wenn sie überhaupt ungebrochen stehen sollen,
während kurze und dicke Säulen, Wenn sie sich eng stellen woll-
ten, halb niüssig stehen, Material, Platz und Licht umsonst rauben
würden. Wir sehen es der corinthischen Säule wohl an, dass sie
sich keine gleiche Tragkraft zutrauen darf, als die dorische, und
wollen daher, dass sie sich mehr von andern helfen lasse; wäh-
rend wir der dorischen Säule das Stück Arbeit, was sie nach ihrem
stärkeren Bau allein thun kann, nun auch allein zu thun zu-
muthen.
Das scheint nicht auf die Pfeiler im Innern unserer gothischen
Kirchen zu passen. Sie sind schlank und ragend und stehen doch
verhältnissmässig hiezu weiter als alle eigentlichen Säulen, wie sie
an griechischen Tempeln, häufiger aussen als innen, angebracht
sind; warum nun nicht eben so weit gestellte Pfeiler auswendig
wie inwendig? Sohnaase sagt hierüber (S. 496): nGerade umge-
kehrt sind Pfeiler für das Aeussere des Gebäudes unpassend, weil
der Blick des Besehauers, statt an einer festen Gestalt zu haften,
sich in den offenen beschatteten Räumen wie in einer dunkeln
Innerlichkeit verliert, und so das Bild eines krankhaften unvoll-
endeten Wesens erhalten würdeiik) Im Innern dagegen gewährt
dieser Mangel entschiedene Vortheile, denn die Linie der Pfeiler,
eben weil sie so Wenig körperlichen Zusammenhang hat, nur
durch getrennte Puncte bezeichnet, mithin ideale, mathematische
Linie ist. giebt sich uns als etwas Unselbständiges, als die blosse
Gränze der Flache zu erkennena u. s. w. Hiegegen meine
Kann man nicht
Bild selbst anwenden?
gebraw
vielmehr auf das hier
diesen Ausdruck