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scheint, rechnen wir 'ihm diese Pflichterfüllung nicht in einem
positiven Schönheitsgefühle an. Auch wird die Association der
schweren Arbeit mit dem Pfluge noch näher liegen, als die Asso-
ciation der Ernte, die er vorbereitet. Endlich hat der Pflug eine
verzwickte Form, die sich keinem Princip anschaulicher Einheit
fügt. Mit all' dem erscheint der Pflug eher hässlich als schön und
würde jeden übrigens schmucken Edelhof verunzieren. Doch wird
jemand, der mit den Bedingungen der zweckmässigsten Einrich-
tung eines Pfluges wohl vertraut ist, am Anblick eines solchen, der
dieselben wirklich in neuer ungewöhnlicher Weise erfüllte, ein
entschiedenes positives Wohlgefallen unmittelbar haben können.
Unzählige Menschen sehen wir einfach, reinlich, durchaus
zweckmässig gekleidet, ohne weder positives Gefallen noch Miss-
fallen daran zu finden, indem die Kleidung eben nichts weiter
leistet, als dem Bedürfniss zu genügen, und wir solcher Kleidung
alltäglich begegnen.
Nun aber giebt es viele Gegenstände, deren Zweck über die
blosse Verhütung oder Hebung von Unlust dahin geht, das Wohl-
befinden, den Lustzustand selbst in positiverWeise zu födern oder
zu dieser Föderung mit zu helfen, und je wirksamer die Associa-
tion davon erweckt werden kann, um so mehr wird es zur Wohl-
gefälligkeit oder Schönheit des Gegenstandes beitragen, und dazu
wesentlich mit helfen, dass wir solchen Gegenständen nicht eben
so alltäglich begegnen als denen, die blos dem täglichen Bedürf-
niss genügen. Ein Wohnhaus kann eben blos so aussehen, dass
es den nöthigen Schutz gegen Witterung, den nöthigen Platz und
das nöthige Licht zu den täglichen Geschäften des Lebens gewährt;
aber auch so aussehen, dass sich behaglich oder prächtig darin
wohnen lässt. Ein Trinkgefäss kann so aussehen, dass es nur
gemacht scheint, den Durst daraus zu löschen; aber auch so, dass
es zum Dienste bei einem festlichen Trinkgelage gemacht scheint.
Wodurch immer derartige associative Eindrücke erweckt werden,
sie werden wirksame Hebel der Erweckung des Schönheitsgefüh-
les sein, ihrerseits aber eine Hülfe durch Momente directer Wohl-
gefäilligkeit, als wie Regelmässigkeit und das Auge beschäftigende
Gliederung der Form, erfahren können, sofern solche nur dem
Zwecke nicht widersprechen. Und namentlich können Verzierun-
gen nicht nur durch directe Wohlgefälligkeit die associative des
Zweckes unterstützen, sondern auch "durch sinnvolle Beschaffen-