Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

208 
scheint, rechnen wir 'ihm diese Pflichterfüllung nicht in einem 
positiven Schönheitsgefühle an. Auch wird die Association der 
schweren Arbeit mit dem Pfluge noch näher liegen, als die Asso- 
ciation der Ernte, die er vorbereitet. Endlich hat der Pflug eine 
verzwickte Form, die sich keinem Princip anschaulicher Einheit 
fügt. Mit all' dem erscheint der Pflug eher hässlich als schön und 
würde jeden übrigens schmucken Edelhof verunzieren. Doch wird 
jemand, der mit den Bedingungen der zweckmässigsten Einrich- 
tung eines Pfluges wohl vertraut ist, am Anblick eines solchen, der 
dieselben wirklich in neuer ungewöhnlicher Weise erfüllte, ein 
entschiedenes positives Wohlgefallen unmittelbar haben können. 
Unzählige Menschen sehen wir einfach, reinlich, durchaus 
zweckmässig gekleidet, ohne weder positives Gefallen noch Miss- 
fallen daran zu finden, indem die Kleidung eben nichts weiter 
leistet, als dem Bedürfniss zu genügen, und wir solcher Kleidung 
alltäglich begegnen. 
Nun aber giebt es viele Gegenstände, deren Zweck über die 
blosse Verhütung oder Hebung von Unlust dahin geht, das Wohl- 
befinden, den Lustzustand selbst in positiverWeise zu födern oder 
zu dieser Föderung mit zu helfen, und je wirksamer die Associa- 
tion davon erweckt werden kann, um so mehr wird es zur Wohl- 
gefälligkeit oder Schönheit des Gegenstandes beitragen, und dazu 
wesentlich mit helfen, dass wir solchen Gegenständen nicht eben 
so alltäglich begegnen als denen, die blos dem täglichen Bedürf- 
niss genügen. Ein Wohnhaus kann eben blos so aussehen, dass 
es den nöthigen Schutz gegen Witterung, den nöthigen Platz und 
das nöthige Licht zu den täglichen Geschäften des Lebens gewährt; 
aber auch so aussehen, dass sich behaglich oder prächtig darin 
wohnen lässt. Ein Trinkgefäss kann so aussehen, dass es nur 
gemacht scheint, den Durst daraus zu löschen; aber auch so, dass 
es zum Dienste bei einem festlichen Trinkgelage gemacht scheint. 
Wodurch immer derartige associative Eindrücke erweckt werden, 
sie werden wirksame Hebel der Erweckung des Schönheitsgefüh- 
les sein, ihrerseits aber eine Hülfe durch Momente directer Wohl- 
gefäilligkeit, als wie Regelmässigkeit und das Auge beschäftigende 
Gliederung der Form, erfahren können, sofern solche nur dem 
Zwecke nicht widersprechen. Und namentlich können Verzierun- 
gen nicht nur durch directe Wohlgefälligkeit die associative des 
Zweckes unterstützen, sondern auch "durch sinnvolle Beschaffen-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.