Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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zu sprechen sein wird; es geht nur die Zweckerfüllung bei diesen 
Gegenständen als Hauptbedingung allen andern Bedingungen vor- 
an; diese oder jene können fehlen oder sehr zurücktreten; die in 
die Erscheinung tretende Zweckmässigkeit darf nicht fehlen, soll 
nicht die Schönheit fehlen. 
Bumohr sagt einmal (Italien. Forsch. I. 88): vNachdem die 
Baukunst der Nothwendigkeit und Stärke genügt hat, darf sie 
auch nach Schönheit strebenmr Richtiger würde es heissen: nNach- 
dem die Baukunst den Bedingungen äusserer Zweckmässigkeit ge- 
nügt hat, darf sie auch danach streben, den Eindruck derselben 
zu dem der Schönheit zu vollendem; denn äusserlich aufsetzen 
lässt 
sich 
die 
architektonische 
Schönheit 
nicht 
auf 
die 
Zweck- 
mässigkeit. 
Zuvörderst 
aber 
bedarf 
einer 
Hülfe. 
innern 
Es 
leuchtet 
ja ein, dass ein Beitrag der Zweckmässigkeit zur Wohlgefälligkeit 
oder Schönheit nur bei dem zur Geltung kommen kann, dem die 
Bedingungen der Zweckerfüllung geläufig genug geworden sind, 
dass sich das Gefühl dieser Erfüllung beim unmittelbaren Ein- 
drucke geltend macht. Bei Gegenständen, mit denen wir umzu- 
gehen gewohnt sind, macht sich das bis zu gewissen Gränzen von 
selbst und lässt sich voraussetzen, dass es sich gemacht habe; 
Analogie aber führt von solchen Gegenständen auch über solche 
hinaus. So freut sich wohl jeder, der auch gar nichts von Bau- 
kunst versteht, seinen guten Geschmack damit beweisen zu können, 
dass er eben so Säulen an einem Gebäude verwirft, die nichts 
oder wenig zu tragen haben, also unnöthig Masse verschwenden, 
wie solche , die zu viel zu tragen haben, hiemit den Einsturz dro- 
hen. Einem Fach-Architekten aber werden Fehler des Bauwer- 
kes beim ersten Blicke auffallen und hiemit unmittelbar Missfallen 
wecken können, die dem Ungeschulten nicht ebennso auffallen, 
(laher auch nicht eben so missfallen; anderseits aber wird der 
Architekt an einem Bauwerke, in dem er Alles zur vollständigen 
Zweckerfüllung fein und richtig abgewogen findet, ein Wohlgefal- 
len finden können, was dem, der nichts von Baukunst versteht, 
daran zu finden tiersagt ist. So wird auch nur ein Pferdekenner 
die Schönheit eines Pferdes, ein Militär die Schönheit einer YVaffe, 
will man überhaupt bei solchen Gegenständen von Schönheit 
sprechemlvollkommen würdigen können. Und so kommt es wohl 
vor, dass ein Sachverständiger, bei dem sich das Gefühl, dass eine
	        
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