Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

2011 
Die Ungefälligkeit des Ü beweist sich in den Anwendungen 
allgemein damit, dass trotz des theoretischen Vorurtheils, was, 
wie man gesehen, betreffs desselben besteht, und trotz seiner ein- 
fachen Constructionsweise dasselbe nur ganz ausnahmsweise an- 
gewandt wird. Auch braucht man sich jene Gegenstände, die 
als Belege für den Vorzug des goldnen Schnittes angeführt wur- 
den, nur quadratisch zu denken, was durch den Zweck derselben 
wohl gestattet wäre, um den Eindruck der Ungefälligkeit davon 
zu erhalten. Zugleich scheint sich in den Anwendungen zu he- 
weisen, dass das Quadrat in der That noch ungefälliger als die 
ihm nahe stehenden Rechtecke ist, indem man solche im Allge- 
meinen noch verzieht, wo man überhaupt mit dem Verhältnisse 
tief herabgeht. Im Lichten rein quadratische Galleriebilder 
kommen zwar vor, doch äusserst selten, wogegen Portraitbilder 
sich im Allgemeinen quadratischen zwar nähern, doch immer 
etwas höher als breit sind. Das Druckformat in sog. Quart ist bei 
Büchern überhaupt das seltenste, ist aber nicht rein quadratisch, 
sondern, wie man sich überzeugen kann, immer etwas höher als 
breit. Was hätte gehindert, ein reines EI vorzuziehen, wenn ein 
Wohlgefälligkeitsvortheil damit zu erlangen. Bei Schachkästchen, 
Zuckerdosen und andern etwas hohen Kästchen habe ich oft eine 
dem Ü nahe, doch eben nur nahe Form der von oben gesehenen 
Fläche gefunden. Kopf- und Sitzkissen freilich findet man wohl 
immer rein quadratisch; aber das hängt an der Zweckrücksicht, 
dass nicht Material und Baum durch Ueberragung über den Kör- 
pertheil, dem sie zur Unterlage dienen, nach einer Seite nutzlos 
verschwendet werden. 
Wenn Wolff und Heigelin geltend machen, dass das Quadrat 
doch bei schönen Gebäuden im Grundriss und Aufriss in Anwen- 
dung komme, so ist zuvörderst im Allgemeinen zu bemerken, dass 
Architekturgegenstände wegen des dabei nicht leicht fehlenden 
Mitspiels von Zweckrücksichten und combinatorischen Rücksich- 
ten überhaupt nur sehr vorsichtig zur Diseussion der reinen Wohl- 
gefälligkeitsfrage zugezogen werden dürfen , ohne sie damit über- 
Logarithmen der Verhältnisse die Zahl in den Logarithmentafeln nehme. 
Hieinit stimmt der Centralwerth und dicliteste Werth, auf den 1112111 auch 
reflectiren kann, nicht überall zusammen, worauf jedoch hier nicht näher 
einzugehen.
	        
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