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nach theoretischer Voransicht meinen, das Quadrat müsse das
wohlgefälligste sein, weil es das regelmässigste sei. In der That
gaben einige Personen diess geradezu als Grund ihres Verzuges
an, ja es kam vor, dass eine Person erklärte, eigentlich müsse
wohl das Quadrat als das schönste gelten, doch aber sich nicht
entschliessen konnte es zu bevorzugen, sondern ein anderes
Rechteck wählte x). Hiegegen war es interessant, die mannich-
fachen Motivirungen der Verwerfung des Quadrates zu hören, die
im Laufe der Versuche zum Vorschein kamen; man erklärte es für
das simpelste, das trockenste, das langweiligste, das plumpste,
und eine geistreiche Dame, E. v. B., welche nicht verfehlte den
(ihr wie allen Versuchssubjecten unbekannten) goldnen Schnitt zu
bevorzugen, charakterisirte den Eindruck des Quadrates als den
einer nhausbackenen Befriedigunga.
Auch über manche andre Rechtecke wurden bei Gelegenheit
der Bevorzugung oder Verwerfung charakteristische Aeusserun-
gen gethan. Fräulein A. V., von sehr gutem Geschmack, nannte
unter Bevorzugung von (Q die beiden längsten Rechtecke und ä
nleichtsinnige Formenc und erklärte das kurze g, indem sie es soli-
darisch mit jenen verwarf, für ngemeina. An demselben Recht-
ecke Wurde mehrfach getadelt, dass es fast wie ein Quadrat aus-
sehe und doch keins sei; ja der blinde Herr v. Ehrenstein nannte
es nach Anleitung des Tastgefühles eine nheuchlerische Forma.
Buchbinder Wellig sagte, unter schwankeudem Vorzug zwischen
und Er, von den kürzesten Formen i], g, g, 43 vsie hätten kein Ver-
hältnissa. Eine Dame zog vor, nweil es so schön schlank Seim.
Der goldne Schnitt Q wurde von mehrern Personen bei der Be-
vorzugung für das nnobelstea Verhältniss erklärt. .
Im Ganzen kann ich wohl sagen, dass der goldne Schnitt.
vorzugsweise von solchen Personen vorgezogen wurde, denen
ich auch übrigens einen guten Geschmack zutraute, nicht selten
freilich auch eins oder das andre der beiden benachbarten. Ferner
gehörten die Vorzugsurtheile von Q im Allgemeinen zu denen,
ü) Der blinde Dr. v. Ehrenstein, musikalischer Componist, dem ich D,
5 : 6, 2 : 3, Q, 43 : 23, 4 : 2 vorlegte , bevorzugte nach dem Tastgefühle E1
und 43 1 23 , welches letztre er für noch wohlgefälliger als 4 : 2 erklärte, in-
dem er es aber für dieses hielt. Offenbar spielte hier auch die theoretische
Vor-Ansicht vom Werthe der musikalisch consonirenden Verhältnisse eine
Rolle.