Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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selbst als Abtheilungsverhältniss geltend machen kann, nament- 
lich wahrscheinlich dann, wenn eine nach dem goldnen Schnitt 
getheilte Länge sich mit einer andern symmetrisch verbindet. 
Gewiss ist nur, dass der ästhetische Vortheil des goldnen Schnittes 
nicht so einfach hinzunehrnen ist, als er uns von Zeising geboten 
wird. 
Zur unmittelbaren Einleitung der Versuche noch folgende 
Betrachtung.   
Gesetzt man legte jemand ein genau rechteckiges und ein 
etwas windschiefes Rechteck vor, und fragte ihn, welches ihm 
ohne Rücksicht auf die verschiedene Anwendbarkeit beider For- 
Einleitung 
der 
Versuche 
noch 
folgende 
men besser geliele, so würde er keinen Augenblick anstehen, das 
genaue Rechteck vorzuziehen, und man auf diesem einfachsten 
Wege ein sichreres Resultat über den Vortheil der Symmetrie er- 
halten als durch Bezugsnahme aufcomplicirte Anwendungen, wo 
die Wohlgefälligkeit durch associative und combinatorische Neben- 
bedingungen mitbestimmt wird. Hätte nun der goldne Schnitt 
wirklich den ihm von Zeising zugeschriebenen grossen Vorzug, 
hätte überhaupt ein Bechtecksverhältniss vor den andern einen 
sehr entschiedenen Vorzug, so müsste sich diess bei einem ent- 
sprechend einfachen vergleichenden Experimente damit heraus- 
stellen, oder es wäre eben kein entsprechender Vortheil vorhan- 
den. Ein zwar vorhandener doch minder entschiedener Vortheil 
aber müsste sich durch eine zwar nicht gleich ausnahmslose aber 
im Durchschnitt vieler Vergleichsfälle entschieden überwiegende 
Bevorzugung beweisen. Diess der allgemeine Gesichtspunct des 
Versuches. Um aber demselben gleich eine gewisse Ausdehnung 
zu geben, wurde so verfahren Sei). 
10 Rechtecke aus weissem Carton von genau gleichem Flä- 
i) Eine Versuchsreihe, wo immer nur je zwei Rechtecke (nicht aus Car- 
ton geschnitten , sondern in schwarzen Umrisslinien auf weissern Carton) mit 
einander verglichen werden, die ganze Reihe derselben nach gleichen Ab- 
ständen der Seiten-Verhältnisse disponirt ist, und die längere Seite der Ver- 
bindungslinie der Augen eben so oft parallel als senkrecht darauf dargeboten 
wird, so wie eine entsprechende Versuchsreihe mit Ellipsen, wo statt der Ver- 
hältnisse der Seiten die der Axen in Betracht kommen, habe ich zwar in An- 
griiT genommen, bisher aber noch nicht weit geführt.  Die oben mitzuthei- 
lende Versuchsreihe ist noch nicht im bisher erschienenen ersten Theilc der 
Sehr. z. exp. Aesth. enthalten, 
Fechner, Vorschule d. Aesthetik. 43
	        
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