Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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goldnen Schnitt geformtes , Rechteck in Vergleich mit andern 
Rechtecken. Das erste steht gegen die letzten dadurch in Vor- 
thcil, dass es einen höhern Einheitsbezug einschliesst als diese; 
und es lässtlsich wohl vermuthen, dass es hiedurch auch einen Vor- 
theil der Wohlgefiilligkeit gewinne, da von den übrigen Wohlgefal- 
ligkeilsbedingungen des Rcchteckes nichts dadurch verletzt wird; 
aber da höhere Einheitsbezüge schwerer fassbar sind als niedrc, 
so fragt sich, ob dieser Vortheil erheblich oder überhaupt spürbar 
sei; und vollends fragt sich, 0b bei Theilung einer Lange nach 
dem goldenen Schnitt nicht durch Verletzung des niedcrn aber 
fasslicheren Symmetriebezuges mehr verloren als gewonnen werde. 
Auch über diese Fragen lässt sich aus dem Princip der einheit- 
lichen Verknüpfung des Mannichfaltigen nicht entscheiden; und 
wenn man geglaubt hat, durch Philosophie darüber entscheiden zu 
können, so beweist sich die Unsicherheit dieses Weges dadurch, 
dass das auf demselben als allgemein gültig gefundene Resultat in 
der Erfahrung nicht eben so allgemein zutrifft.  
Ausserdem kann gefragt werden, ob nicht auch das Princip 
der musikalisch consonirenden Schwingungsverhältnisse in Bück- 
sicht komme, und einen Vortheil einfacher rationaler Verhältnisse 
beim Rechteck geltend machef"), ohne dass dieAnalogie allein hin- 
reicht, ihn zu beweisen. 
Durch ästhetische Experimente aber hat sich eine sichre Ent- 
scheidung dieser Fragen finden lassen, welche weder mit Wolff, 
noch Heigelin, noch Zeising völlig znsammentrifft. Um die Be- 
sultate vorweg zusammenzustellen, so sind es folgende, die zwar 
nicht alle, aber grösseren Theils aus der folgends mitzntheilenden, 
Untersuchung hervorgehen, indess hinsichtlich der andern auf die 
künftige Fortsetzung mehrerwabnter Schrift zu verweisen ist. 
a) Unter allen rechteckigen Formen sind das Quadrat mil 
den ihm nächst stehenden Bechtecken einerseits und die sehr langen 
Rechtecke anderseits die ungefälligsten. 
b) Das Quadrat scheint selbst von den ihm nachststehenden 
Rechtecken noch an Wohlgefalligkeit überboten zu werden, oder 
hat höchstens einen zweifelhaften Vorzug vor ihnen. 
k) Jetzt, wo man auf Grund von Helmholtts Untersuchungen die Con- 
snnanzverhiiltiiisse in der Musik von Verhältnissen der Obcrtöne nbhäinuig 
macht, wovon ein Analogon bei Seiten eines Rechtecks fehll, läissl. sich hieran 
freilich von vorn herein nicht mehr so denken, wie früher.
	        
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