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Methoden ästhetischer Experimentalnntersuchung. Beispiel einer Ausliih
rung der Methode der Wahl. Resultate insbesondere in Bezug auf
goldnen Schnitt und Quadrat.
In mehrerwähnter Schrift zur exp. Aesth. S. 602 stelle ich
drei Methoden zur Anwendung in unserm Untersuchungsleltle auf,
die ich als Methode der Wahl, Methode der Iclerstellung
und Methode der Verwendung unterscheide.
Nach der ersten lässt man viele Personen zwischen den, hin-
sichtlich ihrer Wohlgefäilligkeit zu vergleichenden, Formen oder
Formverhältnissen wählen, nach der zweiten das nach ihrem
Geschmack Wohlgcfälligste durch sie selbst he rstellen, nach der
dritten misst man im Gebrauche vorkommende Formen oder
Formverhtiltnisse. Diess alles mit Vorsichten und Bücksichten
zur möglichsten Vermeidung der unter 2) bezeichneten Fehler,
xivorüber ich auf die Schrift selbst verweisen muss. Alle drei
Methoden haben sich im Resultat möglichst zu controliren. llier
werde ich mich beschränken, ein Beispiel der Ausführung der
Methode der Wahl mit einer Controle ihrer Resultate durch die
Methode der Verwendung einzuführen. Zur Orientirung über die
specielle Absicht dieser Untersuchung aber ist Einiges vorauszu-
schicken.
Von vorn herein lässt sich als sehr allgemeines Princip directer
Formwohlgefälligkeit das früher besprochene der einheitlichen
Verknüpfung der Mannichfaltigkeit aufstellen, indem sich demselben
ausser der Symmetrie auch die andren S. 483 erwähnten Formen und
Verhältnisse, welchen ein Vortheil directer Wohlgefälligkeit zu-
kommt, zwanglos unterordnen. Inzwischen lässt diess im Allgemei-
nen gültige Princip besprochenermassen grosser Unbestimmtheit im
Einzelnen Raum, und vermochte man den relativen Vortheil der
Wohlgefälligkeit dieser und jener Formen danach nicht a priori
vorauszusehen. Nehmen wir z. B. das Quadrat in Vergleich mit
dem Rechteck. Im Quadrat ist die einheitliche Beziehung der
Theile durch Gleichheit aller Seiten, aller Winkel und gleichen
Symmetriebezug aller Seiten zur Mitte vollkommner durchgeführt
als in jedem Rechteck, aber die Mannichfaltigkeit am geringsten.
Das Princip lässt uns nicht entscheiden, ob im Rechteck durch die
vergrösserte Mannichfaltigkeit mehr gewonnen als durch die ver-
minderte Einheit Verloren wird. Nehmen wir ein, nach dem