klärungen der Aesthetik nicht mit einer Erklärung durch Gesetze
erfüllt haben, bleiben sie ein hohler Rahmen.
Auch in der Weise der Begriffsbestimmungen selbst aber
unterscheidet sich der Weg von Oben von dem hier einzuschlagen-
den Wege von Unten. In letzterem Wege kommt die begriffliche
Bestimmung blos darauf zurück, den Sprachgebrauch festzustellen,
und, wo er schwankt, sich über Wahl und Weite desselben zu
erklären, so dass man wisse, um was es sich bei der sachlichen
Untersuchung handelt, ohne aber in der Begriffsbestimmung das
Resultat solcher Untersuchung vorwegzunehmen oder in Wesens-
bestimmungen vorweg einzugehen, womit es leicht ist, Klarheit
und Allgemeinverständlichkeit zu erzielen; indess der Weg von
Oben die Wesensfrage gleich aus dem Begriffe und im Begriffe zu
beantworten sucht, hiemit aber die Schwierigkeit einer klaren
Feststellung der obersten Begriffe auf alle abgeleiteten Begriffe
überträgt.
Unter den Deutschen hat die Bearbeitung der Aesthetik im
Wege von Oben in Abhängigkeit von Kant, Schelling, Hegel weit
das Uebergewicht über die Bearbeitung von Unten erhalten und
bis jetzt noch behalten. Mit den Einflüssen jener Philosophen aber
fangen neuerdings mehr und mehr-solche von Herbart, Schopen-
hauer, Hartmann an sich zu mischen; andrerseils aber doch auch
die Aesthetik, sei es noch unter philosophischem Einflusse oder in
mehr selbstständiger Richtung und Entwickelung auf den Weg
von Unten mit einzulenken (Hartsen, Kirchmann, Köstlin, Lotze,
Oersted, Zimmermann) ; und ist diess schon theils nicht in so reiner
Durchführung, als ich bei voriger Charakteristik im Auge hatte,
theils nur in beschränkter Ausführung geschehen, so kann man
doch nicht mehr sagen, dass dieser Weg bei uns überhaupt ver-
lassen sei. Dazu kommen dann noch schätzbare empirische Enter-
suchungen der Neuzeit in ästhetischen Specialgebieten als von
Brücke, Helmholtz, Oettingen u. a3); endlich kunstkritische Be-
trachtungen in Fülle, die sich mehr oder weniger nach einer oder
der andern Seite neigen, auf was Alles jedoch ausführlicher ein-
k) Zeising, obwohl in der Hauptsache der Richtung von Oben huldigend,
kann dabei insofern nicht vergessen werden, als er die philosophische Be-
gründung des goldnen Schnitts durch eine empirische zu ergänzen und zu
unterstützen gesucht hat.