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manche Formen und Verhältnisse an sich haben, (lureh passenden
Eintritt in höhere Beziehungen ihrer ästhetischen Wirkung nach
verschwinde, da sich vielmehr diese Wirkung nach dem llülfs-
prineipe wechselseitig mit der höhern Wirkung steigert; zweitens,
dass, weil an sich wohlgefällige Formen und Verhältnisse uns zu
missfallen anfangen, wenn sie zu einer Bedeutung, der sie ent-
sprechen sollen, einer ldee, deren Darstellung sie dienen sollen,
nicht passen, sie auch bei Einstimmung damit nur nach Massgabe
des Dienstes, den sie der ldee leisten, nur durch ihr Passen zum
Sinne, zur Bedeutung etwas zum Gefallen beitragen können, da
sie vielmehr diess Gefallen durch ihren eigenen Lustwerth er-
höhen, und zwar nach jenem Principe mehr erhöhen, als man
nach ihrer Leistung für sich zu schliessen hätte.
In der That, wenn sich das ästhetische Hülfsprineip in den
Werken der Poesie, Musik wie auch Natur überall bewährt hat
(S. 50), warum sollte es bei Werken der bildenden Kunst und
Architektur seine Triftigkeit und Gültigkeit versagen. Vielmehr
wird man annehmen dürfen, dass auch im Gebiete dieser Künste
Formen und Verhältnisse, die uns ausserhalb derKunst ein, wenn
selbst nur niedres, geringes oder vergleichsweise zur Geltung kom-
mendes, Wohlgefallen durch ihre eigenthümliche Beschaffenheit er-
wecken, beim widerspruchslosen Eingehen in Zweck und Motiv
der Kunst etwas Wirksames zur Schönheit ihrer Werke werden
beizutragen im Stande sein, nicht blos sofern sie dem Zwecke,
Motive dienen, sondern auch, sofern Zweck, Motiv sich eben ihrer
und keiner andern bedienen. Nur widersprechen dürfen sie dem
Zwecke, dem Motive, der zur Geltung zu bringenden Bedeutung,
dem Sinne um den sichs handelt, nicht, weil sie dann nicht als
Bedingung, sondern als Hinderungsmittel der Lust auftreten, die
an diesem Factor hängt.
Bei näherem Zusehen findet sich nun allerdings, dass ein sol-
eher Widerspruch in den Werken der bildenden Kunst leichter
und häufiger eintritt, als in Werken der Poesie und vollends der
Musik, Welche überhaupt nicht wesentlich an Associationen ge-
wiesen ist, dass daher nicht leicht eine so reine Durchbildung
direct Wohlgefälliger Verhältnisse durch die Werke der bildenden
Kunst möglich ist als des Versmasses, des Pteimes durch die
Werke der Poesie, des Tactes und Wlohllatilizs durch die der Mu-
sik; und hieraus folgt allerdings eine beschränktere Anwendbar-