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insofern sie zur Bedeutung der Gegenstände passen, und schön,
sofern sie passend in den Ausdruck höherer und ansprechender
Ideen hineintreten, demselben dienen, nicht durch ihren eigenen
Beiz, der vielmehr im höheren Reize aufgeht oder gegen densel-
ben verschwindet, wie eben daraus zu entnehmen , dass sie über-
all aufhören zu gefallen, wo sie aufhören zu passen. Weil sie
aber nie vollkommen passen, so treten sie auch nie vollkommen
rein in Kunstwerken höhern Stils auf. S0 sieht man in vielen
religiösen Bildern eine angenäherte symmetrische Gomposition, nie
eine vollkommene. Der Künstler hat daher überhaupt von der
fiücksichtsnahme auf direct wohlgefällige Verhältnisse zu abstra-
hiren, und nur darauf zu achten, dass die Form- und Farbever-
haltnisse, die er anwendet, zu der gewollten Bedeutung passen
und die Bedeutung selbst eine zusagende sei, gleichviel, ob die
zur Darstellung derselben verwandten Verhältnisse an sich selbst
wohlgefällig sind oder nicht.
Insofern man sich einen Begriff von der Bedeutung der
Gegenstände macht, kann man auch sagen: nur insofern eine
Form den Begriff dessen erfüllt, was sie darstellen soll, kommt sie
ästhetisch in Betracht, und so sagt Bötticher in s. Tectonik der
llellenen: nKörperform, ganz abstract betrachtet, kann weder
schön noch unschön sein. Das Kriterien von körperlicher Form
giebt die Analogie mit dem Begriffe der Wesenheit, der Function
des Körpers. Es ist jedesmal die Form, welche dem innern Be-
griffe desselben am folgerecblesten und innigsten entspricht, und
seine Wesenheit in der äussern Erscheinung ethisch (geistig sittig)
am wahrsten und schlagendsten darstellt, die s oh önste. Wenn
daher von Ausbildung einer Form die Rede ist, so kann das nur
so viel heissen, als: ihr Schema technisch plastisch vollkommen
für ihren inliegenden Begriff entwiokelnmi
So wenig nun die vorigen, von einem einseitigen Standpuuct
aus geführten, Betrachtungen das Richtige scharf treffen oder er-
schöpfen, bleiben sie doch in so weit triftig, als sie der gegenthei-
ligen Einseitigkeit widersprechen, indem es überall unmöglich
bleiben wird, die Schönheit der sichtbaren Dinge allein oder nur
aus höherem Gesichtspuncte durch Formen und Verhältnisse zu
erklären, die rücksichtslos auf angeknüpfte Bedeutung Bühnen;
aber sie leiden an zwei Grundirrthümern, einmal daran, dass die
nicht wegzuliiugnende Wohlgefälligkeit niedern Charakters, welche
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