Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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fähig, bestimmte AssociationsvorstelIungen zu wecken, können viel- 
mehr sogar geradezu Worte vertreten, wie so manche militärische 
Signale beweisen; es kommt nur auf Erlernen und Uebung an; 
aber diese besteht eben blos für solche ausnahmsweise Fälle; 
sonst Würde unstreitig nichts hindern, z. B. die Worte Vater und 
Mutter durch eine musikalische Quinte und Terz oder einen Dur- 
und Mollaccord zu ersetzen, um noch gleich gut verstanden zu 
werden, als jetzt. Man hätte dazu nur nöthig, von Anfange her- 
ein dem Kinde die Aeltern statt mit den Worten Vater und Mutter 
oder Papa und Mama vielmehr unter Hörenlassen einer Quinte, 
'l'erz, oder des einen und andern Accords in constanter Wieder- 
holung zu zeigen. Ja es liesse sich selbst die curiose Frage auf- 
werfen, ob nicht eine musikalische Sprache möglich wäre, welche 
gestattete, den Sinn eines Gedichtes in einem auf den blossen 
Vokal a gesungenen Liede rein aus den musikalischen Intervallen 
eben so gut herauszuhören, als jetzt aus den articulirten Worten, 
und in der Melodie eines Liedes zugleich den Sinn desselben zu 
geben; nur würden sich bei näherer Erwägung unstreitig über- 
wiegende praktische Schwierigkeiten hiegegen ergeben, welche 
es müssig erscheinen lassen, solchen Gedanken weitere Folge zu 
geben. 
 Mehrfach hat man den Eindruck der Vocale mit dein von bestimmten 
Farben verglichen, und eine gewisse Vergleichbarkeit muss wohl stattfinden, 
da sie jedenfalls in negativem Sinne so weit besteht, dass Niemand den Ein- 
druck des u mit dem des Weiss oder Roth , den des i mit dem des Schwarz 
oder Violel analog finden wird, ohne einen eben so entschiedenenWiderspruch 
bei andern Vocalen und Farben zu finden. Gesteht man eine Vergleichsbe- 
ziehung überhaupt zu, so kann man fragen, ob sie direct oder associativ sei. 
Wahrscheinlich zusammengesetzten-weise beides, wonach zu untersuchen, 
auf welchen gemeinsamen Ursprunlgsmomenten die directe Vergleichbar- 
keit beruhe; womit wir uns aber hier nicht befassen wollen. Assolciativ 
liegt auf der Hand, dass es von hauptsächlichstem Eintlusse sein muss, in 
die Wortbezeichnung welcher Farbe und welcher farbigen Gegenstände der 
Vocal eingeht. Das Zusammenwirken dieser verschiedenen Momente hat aber 
jedenfalls eine grosse Unbestimmtheit des Farbeneindruckes der Vocaie zum 
Resultat, indem verschiedene Personen sich sehr verschieden darüber äussern, 
insoweit sie überhaupt etwas darüber äussern mögen, wie folgende Angaben 
beweisen. 
Mir selbst machte densehr entschiedenen Eindruck eines fahlen Gelb, 
was ich darauf schreibe, dass c im Worte gelb vorkommt, und fahles Gelb 
häufiger als jedes andre ist. Aber a macht mir nicht den Eindruck des 
Schwarz, tmgeachtstt es im Worte schwarz VOl'kOll'Illlt, und würde mir wahr-
	        
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