Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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hervorzurufen nicht im Vermögen der Musik liegt, schlechthin als 
(iefühle, und betrachten das Verhältniss der Musik zu beiden 
etwas näher. 
Eine Musik von gegebenem Stimmungscharakter kann diesen 
Charakter in vierfacher Weise beweisen, und wenn man sagt, 
dass eine Musik den Ausdruck einer gewissen Stimmung gewähre, 
versteht man im Grunde nichts Anderes als einen solchen Beweis 
darunter. Einmal dadurch, dass sie den Menschen, wenn sie ihn 
in gleichgültigem Zustande trifft, Empfänglichkeit desselben für 
Musik überhaupt vorausgesetzt, in die betreffende Stimmung ver_ 
setzt; zweitens, dass sie ihn, wenn er schon in der betreffenden 
Stimmung ist, darin erhält und diese steigert; drittens dass sie, 
wenn er sich in der entgegengesetzten Stimmung findet, diese 
aber nicht zu stark ist, dieselbe überwindet und ihren eigenen 
Stimmungscharakter an die Stelle setzt; viertens aber, wenn die 
entgegengesetzte Stimmung zu stark ist, sie nicht überwindet, nun 
aber ihren fortbestehenden Widerspruch dagegen mit Unlust gel- 
lcnd macht, wogegen, wenn ihr Charakter mit dem der vorhande- 
nen Stimmung zusammentrifft, diese Zusammenstimmung als 
wohlthuend empfunden wird, was auch dann statt hat, wenn die 
entgegengesetzte Stimmung überwunden ist, indem nun die ent- 
sprechende vorhanden ist. In der That muss ausser der ästheti- 
schen Wirkung, welche die Musik abgesehen von schon vorhan- 
dener Stimmung zu äussern vermag, die Einstimmung oder der 
Widerspruch mit dieser selbst als ästhetisches Wirkungselement 
in Betracht gezogen werden. 
Im Vorigen liegt begründet, dass eine lustige Musik den Trau- 
rigen, dessen Trauer nicht zu tief geht, erheitern kann, hingegen, 
wenn dieselbe tiefer geht, ihm nur Missbehagen erweckt und ihn, 
wenn möglich, sich derselben entziehen lässt, indess eine Musik, 
welche Trauer ausdrückt, ihm zusagen kann, trotz dem , dass ihr 
Stimmungscharakter an sich nur dahin gehen kann, seine Unlust 
zu verstärken, und ihn sich um so tiefer in die Vorstellungen, die 
diesen Charakter tragen, versenken zu lassen; aber diess Unlust- 
moment wird durch die Zusammenwirkung zweier Lustmomente 
überwogen, die Zusammenstimmung des Charakters der Anregung, 
die er von der Musik empfängt, mit der vorhandenen Stimmung 
und den specifisch wohlgefälligen Eindruck der Musik, der auch 
bei einem tragischen Charakter derselben bestehen bleibt. Die
	        
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