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zukünftigem, vergangenem, verlornem Glück oder Unglück, oder
von Verhältnissen der Neigung und Abneigung zu Andern c0mpli-
cirt sind, als da sind die Gefühle der Hoffnung, Furcht, Sehn-
sucht, Wehmuth, Liebe, des Hasses, Zornes, der Rache;
und so hat unstreitig Hanslick f) ganz Recht, wenn er der Musik
das Vermögen abspricht, solche Gefühle mit Bestimmtheit her-
vorzurufen oder wie man sagt auszudrücken. Sie vermag es
nicht, weil sie die charakteristischen Associationsvorstellungen
dieser Gefühle nicht mit Bestimmtheit hervorrufen kann. Anders
mit jenen allgemeinen Stimmungen. Es bedarf in der That keiner
Association, um durch eine sanfte Musik sanft gestimmt, durch
eine lebhafte erregt, durch eine traurige tragisch gestimmt zu wer-
den. Zu keinem traurigen Liede passt eine lustige Melodie, zu
keinem lustigen eine traurige. Insofern nun Vorstellungsassocia-
tionen selbst den einen oder den andern Charakter tragen können,
wird allerdings auch ihr Hervortreten durch diese oder jene Stim-
mung und mithin eine Musik von dieser Stimmung begünstigt,
aber die Stimmung nicht durch die Association erst hervorgerufen.
Und da derselbe Stimmungscharakter sehr verschiedenen Vorstel-
lungsreihen gemeinsam sein kann, z. B. die Trauer von sehr ver-
schiedenen Ursachen herrühren kann, welche den Inhalt der trau-
rigen Vorstellungen bilden, avird es auch allgemein gesprochen
unbestimmt bleiben und nur von zufälligen subjectiven oder oh-
jnctiven Nebenbedingungen abhängen, 0b eine Musik von bestimm-
tem Stimmungscharakter diese oder jene von den damit überhaupt
vertraglichen Vorstellungsreihen mitführt.
Auch entwickelt und verfeinert sich der Sinn des Musikers
für den Eindruck musikalischer Verhältnisse nicht dadurch, dass
er ihnen je länger je mehr eine associative nicht musikalische Be-
deutung abgewinnt, sondern dass er sich immer mehr in das Ge-
biet der Tonbeziehungen selbst hineinlebt, höhere und verwickel-
tere Beziehungen dazwischen auffassen lernt, die der rohen
ungeübten Auffassung entgehen. Damit aber bleiben sie doch
Sache des directen Eindrucks.
Allerdings können die rhythmischen Bewegungen und Bezie-
hungen der Musik, die Wechsel und Contraste der Stärke und
Schwäche und selbst der Klang mancher 'l'öne in ihr auch unmit-
m musiknl
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4854.
Fechner,
Vorschule
Aesthetik.