Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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In Betreff dieser lebensverwandten Stimmungen dürfte man 
wohl füglich als Princip aussprechen können, dass die Bestim- 
mungen und Verhältnisse der Musik, wodurch eine solche 
Stimmung erweckt wird, sich in wesentlichsten Puneten mit 
der activen Ausdrucksweise derselben Stimmung in Stimme und 
Bewegungen des Menschen begegnen, so weit diess nämlich 
nach der verschiedenen Einrichtung der musikalischen Instru- 
mente und menschlichen Organisation möglich ist. Eine lustige 
Musik hat ein anderes Tempo, einen andern Rhythmus als eine 
tragische, und einen analogen Gegensatz zeigt der eigne Ausdruck 
der Lustigkeit und Trauer in Stimme und Bewegung. Dabei aber ist 
keinesfalls nöthig anzunehmen, dass wir, um durch die Musik in 
eine Stimmung von gegebenem Charakter versetzt zu werden, uns 
eines schon geäusserten activen Ausdrucks derselben Stimmung 
erst erinnern müssen; sondern in der Uebereinstimmung der, 
durch dieMusik in uns erzeugten rhythmischen und überhaupt für 
eine Stimmung charakteristischen Bewegungsverhältnisse mit sol- 
chen, welche vorweg in uns mit unsern Stimmungen in natürlicher 
Beziehung stehen, erscheint auch die Uelaercinstimmung der be- 
treffenden Stimmungen von selbst natürlicherweise begründet. 
Da der active Ausdruck unsrer Stimmungen nicht wesentlich me- 
lodisch oder harmonisch ist, wird man um so weniger Grund ha- 
ben, den Eindruck der Melodie und Harmonie in der Musik von 
einer Erinnerung an einen solchen Ausdruck abhängig zu machen. 
Es giebt aber Gefühle mancherlei Art, die von obgenannten 
lebensverwandten Stimmungen, welche zu erwecken oder zu un- 
terhalten im Vermögen der Musik liegt, und die noch einen sehr 
allgemeinen Charakter tragen, sofern sie sehr verschiedenen Vor- 
stellungsreihen gemein sein können, eine grössere Bestimmtheit 
dadurch voraus haben, dass sie mit Associationsvorstellungen von 
den, kann zweifelhaft sein; doch ist jedenfalls nicht nöthig, es vorauszu- 
setzen. Unstreitig zwar hat die Richtung des Auf- und Absteigens und der 
Wechsel in der Höhenskala der Töne Einfluss darauf, und hierauf führte 
man sonst die melodischen Beziehungen selbst zurück; aber wenn Helm- 
h0ltz's Ansichten, wie es allen Anschein hat, in dieser Beziehung richtig 
sind, sind es nicht die Höhen-Beziehungen an sich, welche die Melodie 
geben, sondern die Beziehungen zwischen den Obertönen, weiche dabei 
mitgehen, und ohne welche sich die Höhenbeziehungcn nur nicht haben 
lassen.
	        
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