149
Melodie, Betonung, Hebung und Senkung der Stimme belebt und
gehoben und durch den zeigenden Stab in stetem Zusammenhange
mit der Auffassung der gemalten Scenen erhalten wird. Man sollte
meinen, es könnte keine vortheilhaftere Verbindung geben; und
in der That lässt sich fragen, 0b diese bis jetzt auf Jahrmärkte
verwiesene und auf rohste Ausführung beschränkte Kunst nicht
höherer Ausbildung und Wirkung fähig sei. Sehen wir das den
Bänkelsänger umstehende Volk an, wie reckt es die Köpfe, sperrt
die Mäuler auf und spitzt die Ohren. Weder der Gesang allein
noch das Gemälde allein würde seine Aufmerksamkeit fesseln.
Also muss doch die Verbindung von Vortheil sein. Gefällt aber
dem rohen Volke das rohe Bild auf einer schmutzigen Leinwand
mit dem monotonen Gesänge, der von einer abgelebten heiseren
oder krachzenden Stimme aus einer halb verhungerten Gestalt
herrührt, und dem eine schlechte Beimerci unterliegt, so sollte
man meinen, dass ein schöner ausdrucksvoller Gesang mit einer
Reihenfolge guter Bilder in passende Beziehung gesetzt, überhaupt
nach jeder Beziehung vollendet, nach welcher die Bänkelsängerei
noch roh ist, seine Wirkung auch auf ein gebildetes Publicum nicht
verfehlen könnte. Nur dass Gedicht und Bild ausdrücklich viel-
mehr auf gegenseitige Ergänzung als Wiederholung durch einander
angelegt sein müssten. Wie langweilig kann ein Gedicht dadurch
werden, dass es die Gestalt einer Person oder einer Gegend {in
ihren Einzelnheiten schildert; diese ganze doch nie zureichende
Aufzählung kann der Fingerzeig auf das Bild ersetzen. Wie lange
anderseits müssen wir oft erst' in einem Gemälde hin- und her-
blicken, ehe die Vorstellung den Weg des Verständnisses darin
findet; hier wird sie durch die Erzählung unmittelbar recht ge-
führt, und zugleich durch den Gesang in richtiger Stimmung er-
halten.
Das klingt Alles recht schön, da eben Alles, was zu Gunsten
einer solchen Kunst sprechen kann, hier zusammengestellt werden
ist; doch möchte bei den Meisten ein Gefühl gegen deren Berech-
tigung sprechen, und dieses Gefühl könnte möglicherweise Recht
behalten. VNach Massgabe nämlich, als Malerei und Gesang für
sich vollendeter werden, möchte auch wohl die Neigung wachsen,
jede schon für sich zu verfolgen; ihre grössere Vollendung also ihr
Zusammenwirken nur erschweren und die sich fort und fort
erneuerndc Anregung, den zeitlichen Verfolg des Gesanges