Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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ergänzt, aber auch nach verschiedenen Seiten, um die es nicht zu 
thun ist, daraus herausführt. Auch sind wir ja gewohnt, ein Bild 
nicht blos nach dem, was es darstellt, sondern auch wie es das- 
selbe darstellt und seiner Aufgabe gerecht wird, in Betracht zu 
nehmen, wodurch wir noch von einer andern Seite so zu sagen 
aus dem poetischen Flusse heraus ans Land geworfen werden.  
lminerhin kann die Kreuzung beider Darstellungsweisen den 
Eindruck beiderseits in gewisser Hinsicht verstärken und berei- 
chern, wenn nur der Punkt wirksamster Kreuzung auch zur vor- 
zugsTveisen Geltung gebracht wird; und eben in dieser Gelteml- 
machung hat der illustrirende Künstler seine Kunst zu beweisen; 
auch haben die Vorstellungen, die wir associationsweise aus einer 
Darstellung in die andre hinübernehmen , von selbst die Neigung, 
sich um den wirksamsten Punct zusammenzuschliessen. Insofern 
aber mit all" dem nicht zu vermeiden ist, dass das Bild in gewisser 
Beziehung aus dem iusammenhange der Dichtung herausführt, 
kann man die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Verfolg 
beider insofern als einen Vortheil in den Kauf nehmen, als jede 
lange Fortbewegung in derselben Art oder Klasse von Eindrücken 
endlich ermüdet, der Wechsel zwischen beiden aber hier durch 
die doch beiden gemeinsam bleibenden Momente das Missfällige 
eines Abbruchs verliert. Und wenn die Bilder sich rascher folgen, 
als das Bedürfniss des Wechsels eintritt, so steht es. ja frei, über 
eine ganze Reihe derselben hinwegzuschreiten, um später nach 
(lefallen hindurchzuschreiten. Fcsselt das Gedicht hinreichend, so 
wird man es ohnehin lhun; langweilt das Gedicht, so kann man 
sich mitunter durch die Unterhaltung am Bilde entschädigen, 
wenn es nicht noch langweiliger als jenes ist. Am vollkommensten, 
meine ich, ergänzen sich Dichtkunst und bildende Kunst in den 
Abecebüchern, den Münchner Bilderbogen und fliegenden Blättern; 
da ist nichts zu wenig und nichts zu viel von einer oder der 
andern Seite: das braucht sich gegenseitig und hat sich, so viel 
sichs braucht; nur dass freilich Vielesedavon überhaupt zu wenig 
und darum zu viel ist. 
Man könnte versucht sein, die Erläuterung von Gedichten 
durch beigegebene Bilder wie umgekehrt aus dem mehrfach auf- 
gestellten ästhetischen Princip zu verwerfen, dass das Kunstwerk 
der Phantasie noch Spielraum lassen, ihr nicht Alles vorweg- 
nehmon müsse. Was das Gedicht der Phantasie noch zu ergänzen
	        
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