Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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struiren, als er sie hier durch das Geschenk des Malers vorgestellt erhält. 
So bildet die Malerei mit der Schrift zusammen in der That hier erst das 
volle Ganze. 
Hiegegen könnte es freilich nur als ein überflüssiger Pleonasmus er- 
scheinen, wenn unter das bekannte Gemälde Hildebrandfs vDie Söhne 
Eduardsa die Stelle Shakespeares gesetzt würde, der es ziemlich getreu folgt: 
UDÜS Paar lag, sich einander gürtend 
Mit den unschuldgen Alabasterarmen, 
Vier Rosen eines Stengels ihre Lippen, 
Die sich in ihrer Sommerschönheit. küsstenß 
Denn alles das, was hier der Vers sagt, ist viel besser im Gemälde selbst zu 
sehen. Es sei denn, dass man ein Interesse hätte, und dieses Interesse kann 
man doch auch gelten lassen, die Stelle des Dichters zu kennen, welche das 
Motiv zu dem Bilde bergab, und die Weise, wie es benutzt wurde, damit zu 
vergleichen. 
Aus einem andern Gesichtspunct als dem der sachlichen Er- 
läuterung sind die Sonette zu betrachten , die manche Dichter zu 
manchen Bildern verfasst haben, wie z. B. von A. W. v. Schlegel 
ein Sonett zur sixtinischen Madonna und von J. Hübner in Dres- 
den ein ganzes Bändohen Sonette zu den Hauptbildern der Dresd- 
ner Gallerie existirt. Hier handelt es sich nicht sowohl um Er- 
klärung der Bilder als um sprachliche Entfaltung des poetischen 
Gehaltes oder Eindruckes, "den die Bilder machen , oder gedrängte 
Zusammenfassung und Hervorhebung der Momente, wodurch sie 
ihn machen. Das ist, wie eine Blume zwar keinen Schmetterling zu 
ihrem Dasein braucht, aber es sich doch gefallen lassen kann, wenn 
sich einmal einer auf sie setzt und ihr den süssen Saft aussaugt. 
Anstatt blos die E rinnerung an ein Dichterwerk zu einem 
darauf bezüglichen Gemälde hinzuzubringen oder durch kurze Bei- 
gabe zu wecken, lässt sich umgekehrt dichterische Darstellung 
durch bildliche illustriren, wie jetzt mit Romanen, epischen Dich- 
tungen, Dramen, Mährchen so häufig geschieht, dass man fast an- 
fängt, es überdrüssig zu werden und eine Art Zudringliohkeit der 
bildenden Kunst zur Dichtkunst darin zu finden. Mochte man sich 
doch auch mitunter mit dieser allein untühalten. Auch wird man 
die Leistung solcher Verbindung, ohne sie überhaupt verwerfen zu 
wollen, nicht zu hoch anschlagen können; es bleibt immer mehr 
oder weniger ein Zweierlei; wobei Dichter und Bildner zwar Hand 
in Hand aber nicht in Einer Person gehen. Aln der That, während 
es dem Eindrucke eines Bildes, das eine Scene aus einem Gedichte 
darstellt, immer ganz nothwendig bleibt, mit der Erinnerung an
	        
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