Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

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Insofern nun die Malerei die ganze sichtbare Seite einer Sache 
direct und auf einmal in vollem Zusammenhange und voller Be- 
stimmtheit giebt, welche der Geist bei den. dasselbe bedeutenden 
Worten erst asscciationsweise zufügen muss, ohne sie anders als 
in unbestimmter Allgemeinheit oder in abgeschwächter Deutlich- 
keit hinzufügen zu können, ist die Malerei nicht nur betreffs der 
sinnlichen Seite des Eindrucks sichtbarer Gegenstände in Vortheil; 
sondern dieser Vortheil erstreckt sich auch bis zu gewissen Gran- 
zen auf den Kreis und das Spiel der davon abhängigen Assoeia- 
tionen, da von dem Zusammenhange, der Vollständigkeit und 
Deutlichkeit der sinnlichen Unterlage der Associationen die der 
Associationen selbst mithedingt ist.  
So giebt das gemalte Gesicht uns mit der ganzen sinnlichen 
Totalerscheinung des Gesichtes unmittelbar und in ein em Schlage 
den Ausdruck eines gewissen Alters, eines gewissen Grades der 
Gesundheit, einer gewissen geistigen Begabung, einer gewissen 
Gemüthsstimmung der Person, der es angehört, hiemit einen asso- 
ciativen Totaleindruck, dem die sprachliche Schilderung in keiner 
Weise nachkommen kann , indem sie zwar von all, dem sprechen, 
aber das Alles weder erschöpfen, noch nach seinem vollen Zusam- 
menhang in einem associativen Totaleindruck reproduciren kann. 
Vom schönsten Gesicht ist doch keine schöne Beschreibung mög- 
lich, um so weniger, je schöner es ist, also unterlässt man sie 
lieber ganz und spricht nur von der Wirkung; nicht anders mit 
einer Landschaft. Die Malerei hingegen darf sich an die Schilderung 
von beiden wagen. 
Anderseits aber ist das, Was die Malerei direct giebt, doch 
immer nur die Oberfläche "sichtbarer Gegenstände, und selbst 
diese nur in einem einzigen Momente; weder aber was hinter der 
Oberfläche ist, noch was von Bewegungen und Veränderungen 
einer Sache vorangeht und folgt, noch was geistig oder von Ur- 
sachen und Wirkungen damit zusamm  ängt, noch etwas Un- 
sichtbares überhaupt kann direct von i egeben Werden. Vieles 
aber, um was es bei der Darstellung der Dinge und des Gesche- 
hens zu thun ist, hängt nur so entfernt und unbestimmt mit einer 
sichtbaren Oberfläche zusammen, dass die Malerei entweder über- 
haupt verzichten muss es darzustellen, oder nur sehr unsicher auf 
eine associative Hervorrufung desselben durch die ihr zu Gebote 
stehenden Mittel rechnen kann. Hiegegen decken und erschöpfen
	        
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