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Vollends einleuchtend wird das erscheinen, wenn wir jetzt
das Zuchthaus an der Stelle der Ruine uns vergegenwärtigen.
Das Zuchthaus führt nur einen sehr beschränkten Associationskreis
und diesen aus lauter rein und intensiv unlustvollen Vorstellungen
mit. Da sehen wir statt der langen wechselvollen Geschichte eines
stolzen Lebens reicher und kühner Geschlechter, die sich von der
Ruine eines Schlosses, einer Burg rückwärts ausspinnt, die zu-
sammengepferchten Zuchthäusler mit dem lasterhaften Leben im
Hintergrunde und der jetzigen traurigen Existenz, kurz das
Schlimmste von dem, was uns im Leben peinlich berührt, hier
concentrirt. Mag nun das Zuchthaus noch so schön und neu ge-
baut sein; der schlimme associative Eindruck wird den wohlge-
fälligen directen überwiegen, mindestens erschrecklich stören,
wogegen der direct missfällige Eindruck der Ruine gegen die asso-
ciative Wohlgefälligkeit derselben nicht aufkommen kann.
Ruinen auf Bergen wirken kräftiger als in der Ebene, theils
weil die Aufmerksamkeit sich für die Höhen in der Landschaft
von selbst. zuspitzt, theils weil der Eindruck einstiger Beherrschung
der Umgebung durch das Gebäude sich damit verstärkt.
Zum Theil unter denselben Gesichtspunct als menschliche
Bauwerke fällt die Staffage der Landschaft durch menschliche Fi-
guren. Nur ist der Mensch nicht eben so festgewachsen in der
Landschaft und erscheint insofern als ein mehr zufälliger, den Ein-
druck derselben nicht eben so wesentlich mitbestimmender, Be-
standtheil derselben, es sei denn, dass er durch sein Geschäft
selbst mit der Natur verwachsen Wäre, wie der Hirt auf der Alp,
der Fischer am Meere. Diess sind wirklich landschaftliche Ele-
mente; nicht alle Figuren aber, die man in gemalten Landschaften
sieht, sind es.
Wohl giebt es auch Landschaften, die ohne alle Baulichkeiten,
ja ohne dielSpur menschlichen Daseins und Wirkens überhaupt,
doch einen starken ck auf das Gemüth machen, als z. B.
eine grossartige eins irgsgegend, oder eine Walddurchsicbt
im Sonnenschein, oder elsen am Meer, woran die Wogen bran-
den. Der Anblick des Menschen und seiner Werke ist doch nicht
das Einzige, was menschliche Gefühle associationsweise anregen
kann, und tragisch kann der Mensch sogar durch das Vermissen
des Menschlichen, was doch auch wieder eine associative Erin-
nerung daran voraussetzt, angeregt werden. Aberlder Anblick des