Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 1)

129 
könnte, sie müssten störend in dem Eindrucke der Landschaft 
wirken. Von Menschenhänden gemacht, zu äusseren Zwecken be- 
stimmt, treten sie mit geradliniger, scharf rechtwinklicher Begrän- 
zung aus dem freien Formenspiel der schaffenden Naturkraft her- 
aus, und setzen ihre weissen Wände, rothen Dächer dem Grün 
und den fahlen Erd- und Felsfarben gegenüber. Nun kann zwar 
durch Mannichfaltigkeit der Reiz einer Sache erhöht werden; aber 
doch nicht durch principlos zusammengewürfelte Mannichfaltigkeit, 
die vielmehr sonst nur den Eindruck rnissfälliger Unordnung, Zer- 
splitterung, Zerstreuung giebt; warum nicht auch hier? Ein der 
anschaulichen Mannichfaltigkeit immanentes Princip, wie solches 
rücksichtslos auf Bedeutung die Symmetrie wohlgefälliger als die 
Asymmetrie macht, ist jedenfalls in der Zusammenstellung der 
menschlichen Bauwerke mit der Natur nicht zu finden. Und wenn 
Manche viel auf einen Rhythmus als Hauptbedingung der Schön- 
heit geben, so unterbricht ein Bauwerk vielmehr den Rhythmus, 
welcher der sich frei gestaltenden Natur eigen ist, als dass es sich 
darein fügte. Was also bleibt endlich zur Erklärung des Reizes, den 
Bauwerke der Landschaft zufügen, noch übrig? 
Nur die Bedeutung bleibt übrig, welche wir an die mensch- 
lichen Bauwerke knüpfen. Die menschlichen Bauwerke sind Er- 
zeugnisse, Mittelpuncte, Ansatzpuncte menschlicher Thätigkeit, 
Wohnplätze menschlicher Leiden und Freuden. Die Erinnerung 
daran webt sich in die Associationen, welche die Naturumgebung 
ihrerseits hervorruft, ein und steigert mächtig die Bedeutung ihres 
Gehaltes. Ständen nun freilich Natur und menschliches Leben und 
Treiben einander unvermittelt gegenüber, so könnte auch der 
Eindruck von beiden nur zusammenhangslos bleiben oder sich 
wechselseitig stören. Hiegegen finden wir das menschliche Leben 
und Treiben durch die Bauwerke selbst eingewachsen in 
die Natur, und von d  in die Natur ausstralend, hie- 
durch aber die einhei 15157;", rknüpfung, deren der Eindruck der 
Formen an sich selbst "17 STL, vielseitigst vermittelt. Jede andre 
Art von Bauwerken, jede" andre Weise, wie sie sich gesellig ver- 
binden oder in Freiheit zerstreuen, spielt mit andersartigen Vor- 
Stellungen vom Leben und Treiben der Bewohner in den Eindruck 
der Landschaft hinein, und eine Kleinigkeit am Hause kann der 
Träger einer, mit ihrem anschaulichen EfTecte in keinem Verhält- 
11isse stehenden, Wirkung sein. So kann der Bauch, der über das 
Fechner, Vorschule d. Aesihetik. 9
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.